<frei heraus >

Eine Frage der Authentizität Es ist schwierig über Werte zu sprechen, man läuft Gefahr moralisierend zu wirken oder zu sein. Es ist genauso schwierig, über Wurzeln zu sprechen, man läuft Gefahr in eine politische Ecke gestellt zu werden. Wenn ich so die Diskussionen um jene Papiere verfolge, in denen von Wurzeln und Werten gesprochen wird, so habe ich den Eindruck, dass unausgesprochene Ängste, Unterstellungen, Politismen den Blick etwas verzerren und verstellen. Aber andererseits ist es ja wirklich so, dass es bei Werten und Wurzeln immer um die Gestaltung von Beziehungen, von Gemeinschaft geht, dass es also a priori eine politische Diskussion sein muss. Und unbestritten bedarf es in unserer Gegenwart gerade bei solchen Themen eines ausgeprägten Fingerspitzengefühls, eines weitsichtigen Verständnisses, einer ehrlichen Offenheit den Zeichen der Zeit gegenüber. Aber warum der Drang, Werte und Wurzeln definieren zu müssen? Weil der moderne westliche Mensch mit der Tatsache konfrontiert wird, dass Schlagworte ausgehöhlt sind und ihr Profil verloren haben? Weil das kulturell Andere eine Positionierung fordert? Ein anderer Gedanke: Mir kommt immer wieder mal ein Bild in den Sinn, das nicht nur Metapher, sondern vielleicht Symptom für unsere Gesellschaft ist und aus der unmittelbaren Südtiroler Realität stammt: Auch Sie kennen den Anblick unzähliger umgefallener Apfelbaumreihen, wenn im Sommer der Sturm kommt und die mit übermäßigem Ertrag beschwerten Bäumchen wie Dominosteine umfallen, weil sie keine Wurzeln haben: Sie sind schnell gewachsen, wurden klein gehalten, sind wirtschaftlich äußerst rentabel, aber ihre Wurzeln sind so verstümmelt, dass sie ihnen im Wind keinen Halt geben können. Es ist eine Frage der Authentizität. Wenn es in der Bildung um Werte gehen soll, dann kann das keine theoretische Auseinandersetzung sein. Es gibt kein wertfreies Handeln, wir vermitteln in unserem Handeln Werte, ob wir wollen oder nicht. Welche sind es, wie reagieren unsere Schüler/innen? Sie schauen kritischer, als wir vermuten, hinter die Kulissen der Worte. Es ist gut, dass die Diskussion um Werte und Wurzeln wieder aufblüht, hoffentlich gedeiht sie zu einem nachhaltigen Bewusstsein, dass Werte nicht in eine Ecke gestellt und Wurzeln nicht beschnitten werden dürfen. Anna Christoph, Redakteurin von „forum schule heute“	frei heraus gesagt

Es ist schwierig über Werte zu sprechen, man läuft Gefahr moralisierend zu wirken oder zu sein.

Es ist genauso schwierig, über Wurzeln zu sprechen, man läuft Gefahr in eine politische Ecke gestellt zu werden.

Wenn ich so die Diskussionen um jene Papiere verfolge, in denen von Wurzeln und Werten gesprochen wird, so habe ich den Eindruck, dass unausgesprochene Ängste, Unterstellungen, Politismen den Blick etwas verzerren und verstellen. Aber andererseits ist es ja wirklich so, dass es bei Werten und Wurzeln immer um die Gestaltung von Beziehungen, von Gemeinschaft geht, dass es also a priori eine politische Diskussion sein muss. Und unbestritten bedarf es in unserer Gegenwart gerade bei solchen Themen eines ausgeprägten Fingerspitzengefühls, eines weitsichtigen Verständnisses, einer ehrlichen Offenheit den Zeichen der Zeit gegenüber.

Aber warum der Drang, Werte und Wurzeln definieren zu müssen? Weil der moderne westliche Mensch mit der Tatsache konfrontiert wird, dass Schlagworte ausgehöhlt sind und ihr Profil verloren haben? Weil das kulturell Andere eine Positionierung fordert?

Ein anderer Gedanke: Mir kommt immer wieder mal ein Bild in den Sinn, das nicht nur Metapher, sondern vielleicht Symptom für unsere Gesellschaft ist und aus der unmittelbaren Südtiroler Realität stammt: Auch Sie kennen den Anblick unzähliger umgefallener Apfelbaumreihen, wenn im Sommer der Sturm kommt und die mit übermäßigem Ertrag beschwerten Bäumchen wie Dominosteine umfallen, weil sie keine Wurzeln haben: Sie sind schnell gewachsen, wurden klein gehalten, sind wirtschaftlich äußerst rentabel, aber ihre Wurzeln sind so verstümmelt, dass sie ihnen im Wind keinen Halt geben können.

Es ist eine Frage der Authentizität. Wenn es in der Bildung um Werte gehen soll, dann kann das keine theoretische Auseinandersetzung sein. Es gibt kein wertfreies Handeln, wir vermitteln in unserem Handeln Werte, ob wir wollen oder nicht. Welche sind es, wie reagieren unsere Schüler/innen? Sie schauen kritischer, als wir vermuten, hinter die Kulissen der Worte.

Es ist gut, dass die Diskussion um Werte und Wurzeln wieder aufblüht, hoffentlich gedeiht sie zu einem nachhaltigen Bewusstsein, dass Werte nicht in eine Ecke gestellt und Wurzeln nicht beschnitten werden dürfen.

Anna Christoph, Redakteurin von „forum schule heute“