Wünsche der Familien Leistungsbereitschaft und christliche Erziehung im Franziskanergymnasium
Bei Anmeldegesprächen fragen mich Eltern zuweilen, was unsere Schule von anderen unterscheide und was dafür spreche, ihr Kind bei uns einzuschreiben. Es fällt mir schwer, darauf zu antworten, weil ich kaum Einblick habe in den Alltag anderer Schulen und deshalb keinen Vergleich anstellen kann. Ich stelle deshalb häufig die Gegenfrage: „Warum wollen Sie Ihr Kind zu uns schicken?“ von Wolfgang Malsiner
Meist bekomme ich zu hören, man sage, wir seien streng und die Schüler müssten bei uns viel lernen. Ob „man“ damit recht hat, weiß ich nicht, die Antwort macht aber ein besonderes Merkmal des Franziskaner-gymnasiums deutlich: Die Familien unserer Schüler sind in ganz hohem Maße daran interessiert, dass wir ihre Kinder fordern. Ich will damit keineswegs behaupten, dass die Schülereltern anderswo nicht am Lernfortschritt ihrer Kinder interessiert sind, ganz im Gegenteil, ich will nur sagen, dass die Konzentration von Eltern, die eine „strenge“ Schule wollen, bei uns besonders hoch ist. Das hat mit dem in meinen Augen wichtigsten Unterschied zu den öffentlichen Schulen zu tun: Wer zu uns kommt, trifft die Entscheidung bewusst. Soweit ich aus den Anmeldegesprächen mit den Eltern heraushöre (auch das vielleicht eine Besonderheit: Ich führe mit allen Familien, die ihr Kind bei uns einschreiben wollen, ein Gespräch, um ihre Vorstellungen zu hören und ihnen unsere Auffassung von Schule zu ver-deutlichen), ist in unserem Falle der häufigste Grund für diesen „anderen“ Weg die Suche nach einer „strengen“ Schule. Mittel- und Oberschule Bereits in der Mittelschule „ähnlich“ wie in der Oberschule zu arbeiten fällt uns auch deshalb leicht, weil wir tatsächlich eine Oberschule, ein humanistisches Gymnasium mit altsprachlicher Ausrichtung, im Hause haben. Das beeinflusst das Schulleben mehr, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Die beiden Schul-stufen sind im selben Gebäude untergebracht, die Schüler der ersten Klasse Mittelschule begegnen immer wieder Maturanten und umgekehrt. Dieses Zusammenleben von Elf- bis Neunzehnjährigen empfinde ich als befruchtend für beide: Die Kleinen stecken die Großen mit ihrer Lebensfreude an und wollen gleich weit wie sie „hinaufkommen“ und sich mit interessantem Lernstoff beschäftigen. Etwa die Hälfte der Lehrkräfte unterrichtet an beiden Schulstufen und bringt damit etwas vom fachlichen Anspruch der Oberschule „nach unten“ und etwas von der Frische der Mittelschule „nach oben“.Christliche Schule Eine zweite (oder vielmehr: die erste) Besonderheit des Franziskanergymnasiums ist den Eltern vielfach nicht bewusst: die christliche Ausrichtung. Nur wenige sagen bei der Anmeldung, sie möchten ihr Kind aufgrund der weltanschaulichen Positionierung bei uns einschreiben – vielleicht weil sie sich scheuen, über ihren Glauben zu sprechen, vielleicht aber auch, weil sie sich dessen nicht bewusst sind. Dass die Familien unserer Schüler jedoch „katholischer“ sind als der Landesdurchschnitt, hat eine vor zwei Jahren durch-geführte anonyme Umfrage ergeben, aus der hervorging, dass knapp die Hälfte der Mittel- und ein Drittel der Oberschüler (und mit ihnen ihre Eltern) „jeden oder fast jeden Sonntag“ die Messe besuchen, nur 17 % gaben an, nie in die Kirche zu gehen, der Rest tut das „einige Mal im Jahr“. Der weitaus größte Teil unserer Familien trägt also die christliche Ausrichtung der Schule mit und weiß die eigenen Kinder wohl gerne in einer Umgebung, die genau die Werte vermittelt, von denen auch sie über-zeugt sind. Wir wollen dabei die Möglichkeiten, die wir als konfessionelle Schule haben, auch nutzen: Das reicht von rein „äußerlichen“ Aspekten wie der verpflichtenden Teilnahme am Religionsunterricht und an den Schul-gottesdiensten (selbst für Moslems, die wir mittlerweile auch an der Schule haben) bis hin zu „inhaltlichen“ Akzenten wie der Möglichkeit der Sakramentenkatechese oder dem Schulgebet auch in Stunden der Laienlehrkräfte. So wichtig Religionsunterricht und Schulgebet auch sind, christliche Erziehung in der Schule darf aber nicht dort stehen bleiben. Jede Lehrkraft, die sich nicht scheut, bei der Interpretation von Texten oder Werken der Kunstgeschichte auch das religiöse Ringen, das vielfach darin zu erkennen ist, anzusprechen, hilft den Schülerinnen und Schülern, in Wertfragen Position zu beziehen – selbst wenn sie die Ansicht der Lehrkräfte nicht teilen. Das Schlimmste für junge Menschen sind unserer Meinung nach nämlich Erwachsene, die anscheinend keine Meinung haben. Lesen Sie weiter in unserem Heft!
|
PRAXIS |
---|