
|
Nun
ist der erste Teil einer breit angelegten Grammatik erschienen,
die zum ersten Mal alle drei Landessprachen vergleichend beschreibt.
Für die paritätische ladinische Schule, die auf Mehrsprachigkeit
ausgelegt ist, reichen einzelsprachliche Grammatiken als didaktische
Medien nicht aus, da sie den Blick jeweils nur auf eine Sprache
freigeben und nicht die für die Mehrsprachigkeit förderlichen
Vergleiche, Transpositions-, Variations- und Übersetzungsmöglichkeiten
einschließen. Eine
Schule, deren Aufgabe es ist, eine möglichst ausgeglichene
Kompetenz der gesamten Population in mehreren Sprachen sicherzustellen,
muss bei den Lernenden während ihrer Schulkarriere auch ein
entsprechendes Wissen über Sprachen, ihr System und ihren
Gebrauch vermitteln. Eine vergleichende Grammatik erlaubt eine
integrierte Sicht auf mehrere Sprachen, arbeitet das Gemeinsame
und das Unterschiedliche heraus, fördert das Differenzbewusstsein.
Zwar
handelt es sich hier noch nicht um eine Grammatik für Schülerinnen
und Schüler - gedacht ist vor allem an Lehrpersonen - und für
den konkreten Unterricht in der Schule muss sicher noch vieles vereinfacht
werden. Aber dafür ist jetzt die Grundlage geschaffen.
|
Die
erste Lieferung dieses breit angelegten Werkes befasst sich mit
dem Verb, dem Kern des Satzes. Der Aufbau ist denkbar einfach: Neben
Verbformen werden die Funktionen von Tempus und Modus, Aktiv und
Passiv, die semantische Bestimmung durch Präfixe, Valenz usw.
behandelt, wobei syntaktische Fragen, wie es bei der Beschreibung
des Verbs nicht anders zu erwarten war, einen breiten Raum einnehmen.
Eingerahmt von den deutschen (D) und italienischen (I) Formen, Redewendungen
und Sätzen stehen die beiden ladinischen Varianten des Grödnerischen
(G) und des Gadertalerischen (B), gelegentlich auch zusammengefasst
als Ladinisch (L). |
|
Textauszug
aus dem Buch, S. 53
|
Die
Autoren brauchen in Südtirol nicht weiter vorgestellt zu werden:
die beiden Schweizer Grammatiker Sitta und Gallmann, Mitarbeiter
an der Duden-Grammatik und durch intensive Lehrerfortbildung mit
der Situation in Südtirol bestens vertraut, und die Grödner
Romanistin Siller-Runggaldier, die den Lehrstuhl für Romanistik
an der Universität Innsbruck innehat, bürgen für
die Qualität des Werkes. |
Nachdem
das Projekt „Integrierte Sprachdidaktik“ – später „Gemeinsamer
Sprachunterricht“ – in der Schule der deutschen Sprachgruppe eingeschlafen
zu sein scheint, wäre dieses Werk wieder ein Anlass dazu,
darüber nachzudenken, was die in unserer Schule unterrichteten
Sprachen an Gemeinsamkeiten und Unterschieden aufweisen. Besonders
für Deutsch- und Italienischlehrer/innen bietet das Buch
eine Fülle von Ansätzen, über Sprache(n), ihr System
und ihren Gebrauch zu reflektieren und zu diskutieren, vielleicht
auch einmal das Ladinische als eine der Landessprachen ein wenig
kennen zu lernen, was einige deutschsprachige Schulen ja schon
als sinnvoll erkannt haben, denn sie bieten jetzt auch Ladinischunterricht
an.
Franz
Lanthaler
|