Ein Krimi aus der Klassenzimmerperspektive Mit Wetterkarten den Alltag beobachten und erforschenDas Wetter ist die lebendige Leinwand unseres Alltags. Kaum ein Thema lässt sich so vielseitig und in alle Fächern einbauen wie „das Wetter“. Zum einen, weil Unwetterkatastrophen für Aufregung und Neugierde sorgen, zum anderen aber auch, weil das Wetter unseren Alltag prägt, bedroht oder gar lebenswerter macht und weil es trotz all der modernen Technik sogar den Lauf der Weltgeschichte in entscheidendem Maße mitbestimmt. von Alex Fichera Die Arbeit mit Wetterkarten im Unterricht macht Schülern und Schülerinnen Spaß, mitunter nur weil sie meistens bunt sind. Was Jugendliche aber besonders anspricht: sie sind veränderlich, kurzlebig, im Laufe weniger Stunden schon veraltet und sie erzählen Geschichten. Was Schüler/innen an Wetterkarten mögen Selbstverständlich sind die Geschichten besonders spannend, wenn es irgendwo Sturm und Fluten gibt, wenn irgendwo Muren abgehen oder wenn es gar Schäden und Tote gibt. Meteorologische Bedrohungen lösten im Menschen schon zu Urzeiten Angst und Ungewissheit aus und noch heute sorgen Berichterstattungen über Orkane und Verwüstungen für Schlagzeilen. Wetterkarten beflügeln auch die Fantasie und bringen ein Stück Freiheit in das Klassenzimmer, weil das Wettergeschehen direkt vom Fenster aus beobachtet werden kann. Wetterkarten stehen in engem Zusammenhang mit dem, was Schüler/innen vom Schulhof aus, von Zuhause aus und entlang ihres Schulweges beobachten können.Auf die Vertiefung kommt es an Bereits im Kindergarten kann mit einfachen Symbolen dargestellt werden, welches Wetter im eigenen Umfeld und in anderen Ortschaften herrscht, bei Oma und Opa etwa, oder dort, wo man den Sommer verbracht hat. Mittelschüler/innen können schon mit “richtigen” Wetterkarten arbeiten und die dargestell-ten Klimaelemente (Temperatur, Luftdruck, Feuchtigkeit, Niederschläge und Windrichtung) können mit jenen verglichen werden, die die Schüler/innen selbst mit einer Wetterstation im Schulhof messen. Dazu reichen die Wetterkarten der meisten Tageszeitungen aus und, was die Wetterstation betrifft, erzielt man den größten Erfolg, wenn die Schüler/innen ihre Messgeräte selber basteln (Anleitungen im Internet). Für Oberschüler/innen bieten sich viele Möglichkeiten der Vertiefung an. Schüler/innen lernen nicht nur, wie man mit Bodendruckkarten arbeitet, sondern auch, wie man jene der höheren Bereiche der Troposphäre, sogenannte Höhendruckkarten, liest. Die Schüler/innen verstehen meist schnell, dass die Bodendruckkarte zwar das aktuelle Wetter beschreibt, dessen weitere Entwicklung jedoch nur mit Hilfe von Höhendruckkarten vorhergesagt werden kann. Ein erfolgreiches Konzept besteht darin, mit der Klasse eine eigene Wetterstation zu errichten, dann eine Aufteilung in Gruppen vorzunehmen, welche auf Grund der gemessenen Daten und der ihnen täglich gelieferten Karten, eigene Prognosekarten für den folgenden Tag erstellen müssen. Das Ganze kann als Wettkampf oder als Projekt zum Veröffentlichen auf der Schulwebseite ausgelegt werden. Spannende Verknüpfungen Die Häufigkeit von Unwetterphänomenen sichert genug Unterrichtsmaterial im Laufe des Schuljahres. Überschwemmungen, Erdrutsche, Wirbelstürme, Lawinenabgänge und Hitzewellen fordern Menschenleben und verursachen wirtschaftlichen Schaden. Besonders schwerwiegende Unwettererscheinungen sind in die Geschichte eingegangen, weshalb selbst nach Jahren die entsprechenden Wetterdaten und Karten aus dem Internet oder aus der Fachliteratur entnehmbar sind. Ein spannender Einstieg in die Meteorologie ergibt sich gerade aus diesen epochalen Naturereignissen, bei denen Schüler/innen den umgekehrten Weg, nämlich von der Katastrophe zu deren Ursachen, nachvollziehen müssen. Wie Detektive in einem Wetter-Krimi sammeln sie Klimaelemente, Wetterkarten und Messdaten und rekonstruieren Faktoren, welche das schicksalsträchtige Unwetter verursacht haben. Daran können sich auch Lehrer anderer Fächer, z.B. Geschichtelehrer, beteiligen. In vielen Fällen hat das Wetter den Lauf der Geschichte grundlegend verändert. Dies war beim schweren Unwetter während der Schlacht zwischen den von Varus geführten römischen Legionären und den Cheruskern im Teutoburger Wald der Fall, aber auch bei Napoleons Niederlage in Waterloo, beim Rückzug deutscher Truppen aus Russland und bei der Verwüstung der amerikanischen Navy Task Force 38 durch den Taifun Cobra in der Philippinischen See im Dezember 1944. Die herrschenden Westwinde sollen zwischen 1950 und 1970 sogar einen Kernwaffenangriff der Sowjetunion gegen Mitteleuropa vereitelt haben. Wetterkarten als Abbild des Alltags Der wesentliche pädagogische Beiwert in der Arbeit mit Wetterkarten besteht darin, dass Informationen interpretiert werden müssen. Die Arbeit macht nur dann wirklich Spaß, wenn die Jugendlichen aufgefordert werden, die Realität außerhalb der Schule zu beobachten. Einer auf der Karte gekennzeichneten Warmluft-front entsprechen besondere Wolkenbilder. Die scheinbar komplexe Klassifikation von Wolken lässt sich in der Realität auf zwei Hauptgruppen beschränken, namentlich Wolken mit vornehmlich stabiler horizontaler, bzw. labiler vertikaler Ausbreitung. Solche Wolkenbilder lassen sich sehr einfach aus Bodendruckkarten entnehmen oder vorhersagen und bieten ideale Lernbedingungen, weil Beobachtung, Vermutung und entsprechendes Feedback unmittelbar beieinander liegen. Allein durch den Einsatz einer Bodendruckkarte können Schüler/innen ihre Prognose über Temperaturverlauf, Windrichtung, Wolkenbild, Bewölkungsgrad und Eintreten von Niederschlägen erstellen. In den meisten Fällen liegen sie mit ihren Vorhersagen richtig und das sorgt für Motivation und Einsatz. Wenn es hingegen nicht hinhaut, dann kann man trotzdem getröstet sein. Schließlich versagen gelegentlich selbst Profi-Meteorologen. Was aber bleibt, ist ein bewussterer Zugang zum Wetter, sowie die Übung der täglichen Beobachtung von Ereignissen. Für eine Aufklärung reicht es wohl nicht aus, wohl aber für eine praxisnähere, unterhaltsame und gemeinschaftsorientierte Lernerfahrung.
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PRAXIS
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