Uganda hautnah Kulturbegegnung: Pater Anthony besucht Mittelschulen"Experten im Unterricht sind schulfremde Fachleute, die Informationen aus erster Hand liefern. Sie haben einen hohen Stellenwert.", definiert der Geografiedidaktiker Gisbert Rinschede den Fachausdruck. Der Unterricht durch Experten bietet eine gute Ergänzung zum gewöhnlichen Schulalltag, da er motivierender und lerneffektiver gestaltet werden kann. Weiters wird das Lernen durch den Kontakt zu Experten anwendungsbezogen und die kommunikative Kompetenz der Schüler/innen wird gefördert. von Marlene Pichler und Ulrike Königsrainer Am 30. November 2009 hat Pater Anthony Kibira aus Uganda, der zurzeit in Milland bei Brixen als Koopera-tor tätig ist, die Klassen 3A und 3B der Mittelschule Tirol - bei dieser Begegnung war auch Schuldirektorin Eva Dora Oberleiter anwesend - sowie die Klassen 3A und 3D der Mittelschule Peter Rosegger (Schulspren-gel Meran Untermais) auf Initiative der Lehrpersonen Marlene Pichler und Britta Moroder besucht. Die Ziele dieser Unterrichtseinheit waren nicht nur das Kennenlernen der/einer afrikanischen Kultur und das Wecken von Interesse für andere Völker und Kulturen, gleichzeitig sollten Vorurteile gegenüber Menschen anderer Hautfarbe und Kultur abgebaut werden. Die Schüler/innen sollten exemplarische Kenntnisse über geografische, historische und politische Hintergründe eines afrikanischen Staates erhalten. Weiters sollten die Jugendlichen sich mit der Problematik der Straßenkinder auseinandersetzen, Empathie entwickeln sowie für soziales Engagement und Solidarität sensibilisiert werden. Vorbereitung in Geografie Die Schüler/innen hatten sich im Geografieunterricht auf den Expertenbesuch vorbereitet. Sie hatten im Vorfeld wichtige Informationen zum Staat Uganda erhalten und sich auch mit dem Thema Straßenkinder eingehend beschäftigt, indem sie sich beispielsweise mit der Reportage über Straßenkinder in Uganda der Oktoberausgabe 2009 des Topic (Jugendmagazin des Österreichischen Jugendrotkreuzes) "Prügel statt Schule" auseinandergesetzt hatten. Durch das Lesen von Texten über Straßenkinder und die Behandlung der Geschichte des Kolonialismus flossen somit auch Inhalte aus den Fächern Deutsch und Geschichte in die Vorbereitung ein. Weiters hatten die Jugendlichen freiwillig im Rahmen einer kleinen Verzichtsaktion einen kleinen Beitrag gegeben, um ein Sozialprojekt in Uganda zu unterstützen. Die Mittelschüler/innen erhielten beim Vortrag zuerst allgemeine Informationen zu Pater Anthonys Heimat über Power Point, dann berichtete er über das Thema "Straßenkinder in Uganda" und verdeutlichte seine AUsführungen mit Bildern. Im Anschluss daran konnten die Schüler/innen Fragen stellen. Alltag in Uganda Mit einem trotz des ernsten Themas heiteren Lächeln erzählte Pater Anthony vom Schicksal der Straßen-kinder in Kampala, mit denen er als "Uncle Anthony" mehrere Jahre gearbeitet hatte. Er verstand es, den Jugendlichen einen bunten Eindruck vom Alltag in Uganda zu geben und zugleich eindringlich das harte Leben auf den Straßen der ugandischen Hauptstadt darzustellen. Der Referent zeigte Bilder von Kindern und Jugendlichen, die in Schlamm, Dreck und Elend hausen, die sich mit Abwasser waschen, die um ihr Überleben, um eine Mahlzeit am Tag kämpfen, schutzlos, ohne Geborgenheit, ohne die Chance auf eine Ausbildung oder auch nur auf ein Dach über dem Kopf. Sie betteln und stehlen sich das Allernotwendigste zusammen, durchwühlen die Mülltonnen der Hinterhöfe auf der Suche nach etwas Ess- oder Verwertbarem. Viele werden kriminell, fast alle suchen sich mit Drogen, mit dem Schnüffeln von Lösungsmitteln und Benzin oder mit Alkohol zu betäuben, um ihr Leben zu ertragen. Betroffenheit geweckt Mit seiner offenen, heiteren Art gelang es Pater Anthony schnell, Zugang zu den Jugendlichen zu finden und ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen. Interessiert stellten sie Fragen, staunten und lachten, waren aber auch betroffen. Trotz des ernsten und belatenden Themas hatte der Missionar immer wieder einen Witz oder eine heitere Anekdote einzufügen, sodass der Vormittag nicht nur zur Information über die Not vieler Menschen in Afrika, sondern vor allem zu einer lebhaften begegnung mit der Kultur und der harten Realität vieler Gleichaltriger in den Ländern des Südens wurde. "In Afrika haben die Menschen oft gar nichts, aber sie haben Mut, und sie wollen etwas aus ihrem Leben machen", gab Pater Anthony den Buben und Mädchen am Ende seines Vortrags mit auf den Weg. "Hier in Europa, in Südtirol sehe ich oft Jugendliche, die nichts aus ihrem Leben machen. Sie haben alle Möglichkei-ten und Chancen, aber sie wollen sie nicht ausschöpfen. Das macht mich sehr traurig. Ihr könnt hier alles aus eurem Leben machen. Nützt eure Chancen!" Eine Schülerin meinte nach der Begegnung: "Seine leichte, witzige Art, mit den Nöten der Menschen umzu-gehen, obwohl das alles sehr traurig ist, hat mir besodners gefallen."-"Mir ist klar geworden, dass wir hier bei uns sehr gut leben, dass ich mich anstrengen und etwas Gutes aus meinem Leben machen sollte.", schrieb ein anderer Schüler als Rückmeldung. Durch die Begegnung mit Pater Anthony haben sich die Schüler/innen nicht nur intensiver mit der afrikanischen Kultur und Lebensweise auseinandergesetzt, sie haben am Schicksal weniger gut gestellter Menschen Anteil genommen und wurden angeregt, über deren Situation sowie über ihre eigene Situation nachzudenken. Dieses Projekt fügt sich in eine Reihe von Veranstaltungen im Rahmen des diesjährigen Jahresschwer-punkts des Schulsprengels Meran Untermais: "Hinschauen statt wegschauen: Zivilcourage, soziales Engagement und Solidarität". Es hat gezeigt, dass die Jugendlichen für das Schicksal und die Not anderer Menschen sensibilisiert werden konnten. |
PRAXIS
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