V.A.S.

Wahlen stehen an - bitte lächeln!

 

Es stehen wieder Wahlen an. Haben Sie's bemerkt? Auf den ersten paar Seiten der Tageszeitungen ist wie eh und je Dauergrinser Berlusconi abgebildet, das ist klar, und der Lokalteil ist neuerdings gespickt mit freundlich dreinschauenden Bürgermeisterkandidaten. So schau ich mir die Gesichter halt an und frage mich, was jemanden überhaupt dazu bewegt, in die Politik zu gehen. Visionen sind es nicht, ein Programm gibt es selten. Gewählt werden ist das höchste Ziel.

Wenn man Kandidaten fragen würde, bekäme man wahrscheinlich als Antwort: „Weil ich etwas für die Menschen bewegen möchte.“ Das klingt zwar schön, aber wenn man zusammenzählt, wie viele Politiker in Italien wirklich etwas bewegen (außer das Dienstauto), dann braucht man wohl nicht mehr als die Hand eines Tischlers, der 30 Jahre lang mit der Kreissäge gearbeitet hat.

Böse Zungen könnten behaupten, sie täten ihre Arbeit des schnöden Mammons wegen. Na ja, ein Blick auf die Gehälter, passenderweise „Diäten“ genannt, und der Gedanke ist gar nicht mal so abwegig. Andererseits sollen Manager großer Firmen ein Vielfaches davon verdienen, ob nun erfolgreich oder nicht. Doch Manager stehen nicht so im Rampenlicht wie Politiker. Aha! Jetzt hat es „kling“ gemacht! Das Rampenlicht ! Der wesentliche Anreiz, Politiker zu werden, ist die Eitelkeit – warum wohl streben sonst so viele, vor allem klein gewachsene Menschen nach Macht? Nicht dass ich was gegen diese hätte, ganz im Gegenteil.

Ich wollte es mal genau wissen, bin ins Internet gegangen und hab den Suchbegriff „Liliput for President“ eingegeben. Und da kamen sie alle, die Bonsai-Politiker: Medwedew 1,62 m, Sarkozy 1,65 m, Merkel 1,64 m, Berlusconi auch 1,64 m, aber das war ja klar, weil ja den Italienern als Kind schon von ihren Mamas gesagt wird, wenn sie mal groß sind, müssten sie arbeiten gehen.

Für Politiker gibt es nichts Schöneres, als ständig um ihre Meinung gefragt, bei den alltäglichsten Verrichtungen gefilmt, ständig angeschaut und angehimmelt zu werden. So ähnlich geht es auch den Lehrerinnen und Lehrern – unfreiwillig. Da wird auf jedes Detail geachtet: Was hat sie/er an? War sie/er beim Friseur? In welcher Stimmung ist sie/er? Gibt es wieder viele Hausaufgaben? Was findet sie/er so toll am Unterrichten, an sich selbst und überhaupt?

Ich habe einmal jemand fragt, der nicht unterrichtet, und die ach so stereotype Antwort bekommen: „Da hat man vormittags Recht und nachmittags frei, im Sommer hat man drei Monate Ferien, und man bekommt sogar bezahlt dafür.“ Doch allen, die das am liebsten nachbeten, empfehle ich das Buch von Frank McCourt, das die Lage eines Lehrers gut beschreibt und den passenden Titel „Bei Tag, bei Nacht und auch im Sommer“ hat.

Ich weiß ja nicht, was wäre, wenn Lehrpersonen in ihren Wunschschulen kandidieren und gewählt werden könnten, mit Programmen kennen sie sich aus – allein das Grinsen ist nicht ihr Ding.

Mal sehen, was die Wahlen nun bringen. Wahrscheinlich geht es mir in der Wahlkabine wie beim Eiskaufen: Ich stehe vor einer Auswahl von 35 Geschmacksrichtungen und nehme zum Schluss doch immer wieder dasselbe.

Ihr (noch) unentschlossener

Ehrenfried Schullerer

 

 

satire