Humor als Ressource

 

"Nichts zum Lachen – oder doch?“ war eines der ersten Seminare, das die Südtiroler Lehrerverbände vor wenigen Jahren zur Thematik „Humor in der Schule“ ausgeschrieben haben. Um was es dabei gehen sollte, brachte der kurze Ausschreibungstext auf den Punkt: „Humor zählt zu den meistgeschätzten Stärken der Lehrerinnen und Lehrer. Da schwingt Gefühl mit, Verständnis und Über-den-Dingen Stehen. Lachen fördert die Zusammengehörigkeit, relativiert Probleme und schafft die nötige Distanz. Seine befreiende und stärkende Wirkung hält Ängste in Schach und hat beinahe subversive Kraft. So lasst uns zwei heiter gestaltete Tage miteinander verbringen, die Tiefgründigkeit nicht ausschließen und insgesamt aufbauend wirken! Lehrerinnen und Lehrer dürfen das Lachen nicht verlernen.“

Wie wahr! Die Verbände wollten wohl etwas gegen die depressive Stimmung unternehmen, die sich in der Schule, besonders in der Lehrerschaft mehr und mehr breit gemacht hatte, indem sie eine Ressource ins Spiel brachten, die allen – Kindern und Erwachsenen – zur Verfügung steht.

Die Sozialpsychologin Marion Bönsch-Kauke, die über einen längeren Zeitraum in Berlin den Humor in der Schule erforschte, hat beobachtet, dass unter Kindern ein großer Teil der sprachlichen Kommunikation in einem sehr witzigen Kontext stattfindet. Sie hat sogar Humor-Tutoren ausmachen können, die ihre Mitschüler/innen in einer Entwicklungsaufgabe, dem Verstehen von Humor, begleiten, d. h. sie üben gemeinsam mit ihnen das Verstehen von Humor, damit sich dieser nicht negativ auswirkt und Probleme verursacht. Bönsch-Kauke unterscheidet zwischen parodistischen, clownesken, satirischen, heiteren, spöttischen, neckenden, höhnischen, verbalen und aktionalen Varianten des Kinderhumors. Die humorvoll ernsten Kinder bezeichnete sie als die sozial kompetentesten, den Humor selbst als soziopsychische Kompetenz par excellence und Lebenskunst, ein Muss für lebenswertes Zusammenleben.

Zusammenhänge zwischen Humor, Bewältigung, Unterrichtskompetenz und berufsrelevanten Persönlichkeitsmerkmalen konnte Birgit Rißland im Rahmen des Lüneburger Projektes „Qualität in der Lehrerbildung“ 2001/02 in einer Studie zum Thema „Humor und seine Bedeutung für den Lehrberuf“ herstellen. Dafür hat sie den Humor in die Bereiche „Heiterkeit“, „Ernst“, „Schlechte Laune“, „Sozialer Humor“, „Selbstaufwertender Humor“, „Selbstabwertender Humor“ und „Feindlicher Humor“ unterteilt. Humor als Ressource konnte durch diese Studie bestätigt werden.

Die Schule kann auf Humor nicht verzichten, zumal Erziehung und Bildung u. a. auch zu einer positiven Lebensbewältigung beitragen sollen. Charmaine Liebertz sieht Lachen & Lernen gar als Traumpaar. Herbert Effinger geht in seinem Beitrag „Eindeutig mehrdeutig“ auf den Humor als Medium der Sozialen Arbeit und der Pädagogik ein.

Ja, ist denn unsere Mitwelt in den letzten Jahrzehnten auch sozialer geworden? Längst ist uns bewusst, dass wir mit anderen reden, nicht über andere, und dass wir nicht auf Kosten anderer lachen und Diskriminierung vermeiden sollten. Auch die Anekdoten und Karikaturen haben sich verändert, notgedrungen… Lacht da noch wer, dem nicht danach ist?

Im schulischen Kontext sehe ich den Humor als einen Mix aus Begeisterungsfähigkeit, Freude, Lachen, Witz, Aufmerksamkeit, Aufmunterung, liebevoller Zuwendung, Achtsamkeit und Verständnis gepaart – je nach Situation – mit Reaktionen einer beabsichtigten und wohlwollenden Überzeichnung oder, was vermutlich öfter vorkommt, mit „So tun als ob“ ich z. B. einen Fehler lieber doch nicht ganz so genau wahrgenommen hätte.

Ich mag Humor, ich hab’ Humor. Er hat für mich jedenfalls nichts mir Ironie, Spott und Zynismus, mit Häme, Auslachen und Beschämen zu tun.

 
 

Maria Vötter (rechts)

 

frei heraus

gesagt

 

 

 

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