Männliche Emanzipation – eine Imagefrage?

Im Bozner Krankenhaus gibt es einen Hebammerich. Ja, tatsächlich! Er soll den werdenden Müttern eine ganz große Hilfe und sehr kompetent sein! Aber geben Sie es zu, Sie staunen nicht schlecht und Sie sind vielleicht auch etwas perplex, jedenfalls wird dies, sofern Sie nicht schon eher davon gewusst haben, früher oder später Gesprächsstoff mit Ihren Bekannten sein.

Dann: In letzter Zeit werden immer mehr Kampagnen gestartet, damit Väter die Elternzeit in Anspruch nehmen; absolut richtig, berechtigt und hoffentlich zukunftsträchtig. Es wird ein langsamer Prozess sein, der vielleicht schon vor mehreren Jahrzehnten begonnen hat: Damals wurde ein Vater, der einen Kinderwagen vor sich her schob, etwas belächelt. Heutzutage hingegen entwerfen Männer Kinderwägen, die von Männern gern geschoben werden. Ergodynamisch für den Mann also. Wenn ich mich dann so umhöre, was die Gründe sind, dass letzten Endes nur sehr wenige Väter die Elternzeit in Anspruch nehmen, dann gibt es einige Überraschungen: Es sind nicht so sehr die Einwände der Väter (die gibt es natürlich auch), es sind auch die Mütter, die ihr Kind und ihre Rolle nicht so leicht aus der Hand geben und des Ehemanns Kompetenzen im Umgang mit dem Säugling in Frage stellen.

Weiter geht es im Kindergarten. Ich kenne den Sohn eines Freundes einer Bekannten, der wäre vor 20 Jahren liebend gern Kindergärtner geworden. Damals musste man noch die Kindergärtnerinnenschule, die Marienschule, besuchen. Was glauben Sie: Wäre er aufgenommen worden? Wie wäre er aufgenommen worden? Das war doch eine recht geschlossene Gruppe, da fand er keinen Zutritt. Der Junge wurde letzten Endes Tischler.

Kindergärtner wäre der ideale Beruf für ihren Sohn, sie wisse das ganz genau, aber sie wage es nicht, ihm das vorzuschlagen, vertraute mir die Mutter eines lustlosen 16-Jährigen an. In diesem Fall geht es vielleicht wirklich ums Image, aber nicht so sehr jenes im Leben, sondern um das eines 16-Jährigen. Kann man von 16-, 17-,18-Jährigen (denn in diesem Alter entscheidet sich die Berufswahl, wenn sie sich auf Kindergarten oder Grundschule bezieht) den Mut verlangen, sich Bereiche zu erobern, die fest in der Hand der Frauen liegen? In diesem Alter müssen die Jungs doch erst noch zum Mann werden und sich mit Bildern des Mannseins beschäftigen, da haben sie kaum die nötige Zielstrebigkeit, sich an einem sozialen Rollenwechsel zu beteiligen.

In der Grundschule sind die Männer vom Aussterben bedroht, es sei denn sie sind Schulwart. Aber es steht fest, dass es sie einmal gab. Da ist nun wirklich die Frage, was sich denn geändert hat. Ist es eine Frage des Images? Vor dreißig Jahren, als mein Bruder die Grundschule besuchte, hatte er in Folge zwei männliche Hauptlehrer. Ersterer war der Inbegriff des Lehrers von einst: Er kam immer in Anzug und Krawatte in die Klasse. Dieser Typus des Lehrers ist nach und nach in die Mittel- und dann in die Oberschule abgewandert und letzten Endes an der Uni geblieben. Obwohl – der Lehrer zählte einst gemeinsam mit dem Pfarrer und dem Bürgermeister zu den Respektspersonen im Dorf, aber imageträchtig im modernen Sinn war der Beruf nie: „Kinder, esst ’s Fleisch weg, damit der Lehrer zum Kraut kimmp!“ sagte einmal ein Kostgeber des Lehrers zu seinen Sprösslingen.

Wie auch immer – heutzutage sind in der Grundschule männliche Lehrer wirklich rar geworden. Je weniger es gibt, desto unwahrscheinlicher wird eine solche Entscheidung für einen Jugendlichen. Wenn sich Männer heute für den Lehrberuf entscheiden, dann tun sie das vielleicht eher in einem Alter, in dem sie ein Fachstudium bereits abgeschlossen haben, damit aber sind sie für die Mittel- und Oberschule prädestiniert.

In anderen Bereichen freilich, und das ist ein kleiner Trost, sind männliche Erzieher durchaus da: als Sporttrainer, als Musiklehrer, als Museumspädagogen, auch als Sozialpädagogen. Vielleicht kehren sie ja in dieser Form wieder an die Schule zurück und schaffen es – provokant formuliert – so, sich den Platz in einem von Frauen dominierten Bereich zu erobern?

Fanni A. Storch

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