Kompetent, engagiert… männlich?

 

Stellenbeschreibung: Wenn Sie als junger Mann mit pädagogischer Ausbildung eine verantwortungsvolle und abwechslungsreiche Aufgabe in einem lebhaften Umfeld anstreben, Teamfähigkeit, gute Belastbarkeit und Freude am Umgang mit Kindern und Jugendlichen mit individuellen Bedürfnissen mitbringen und sich mit dem Leitbild unserer Schule identifizieren können, freuen wir uns auf Ihre Bewerbung.

von Udo Ortler

 

Suche nach männlichen Lehrpersonen – vielleicht bald eine Notwendigkeit? Besonders in der Grundschule vernimmt man öfters den Ruf nach mehr männlichen Lehrpersonen. Schule ohne Männer – Männer ohne Schule? Stichwort: Buben als Bildungsverlierer.

 

Bei der Arbeit in der Schule, aber auch generell im gesellschaftlichen Zusammenleben, unterscheiden sich Mann und Frau nicht ausschließlich durch die genetische Veranlagung und die durch Enkulturation erworbenen Haltungen und Prägungen, sondern auch wegen der unterschiedlichen Erwartungen, die an sie gestellt werden. Was erwartet man vom weiblichen und vom männlichen Geschlecht? Was traut man wem zu? Was unterstellt man einer Frau und was einem Mann?

Auch Kinder und Jugendliche haben diesbezüglich schon eine Menge Erfahrungen. Die Interaktionen zwischen Lehrpersonen und Schülerinnen und Schülern sind demnach nicht nur davon beeinflusst, ob die Lehrperson gut vorbereitet, gerecht, einfühlend, konsequent,  streng… ist, sondern ganz einfach auch davon, ob es sich um eine Lehrerin oder einen Lehrer handelt. So nach dem Motto: Die Wirkung ist die Konstruktion der  Betrachten-den. Dies ist ein wichtiger und nicht zu unterschätzender Aspekt, der sich im Lehrerkollegium genauso auswirkt wie in der Klasse.

Durch das Vorhandensein von weiblichen und männlichen Akteuren erhöht sich die Vielfalt, der soziale Kontext wird bunter, es ergeben sich differenziertere Identifikationsmöglichkeiten und Lernfelder für die jungen Menschen.

 

Lernen am Modell

Kinder und Jugendliche müssen Identifikationsfiguren erleben. Eine Schule ohne Lehrer bietet nur eingeschränkt Vorbilder und Identifikationsfiguren für Buben und künftige Männer, sozusagen nicht das ganze Spektrum (dieses ist auch für Mädchen wichtig), sie begünstigt, etwas plakativ gesprochen, eine Wahrnehmung, wonach Männer das tun, was der Vater, der Opa, der Nachbar, der Held im Lieblingsfilm und vielleicht noch der Vater des besten Freundes machen. Das kann im Einzelfall auch ausreichend und gut sein, vielleicht werden dadurch aber nicht alle Bedürfnisse abgedeckt. Das Wort „machen“, sonst vielfach gemieden, steht hier im Sinne von Inter-essen, Haltungen, Ausdrucks- und Reaktionsweisen. Durch dieses reduzierte Spektrum, ganz ohne männlichen Part,  werfen sich die Schule und die Bildungsträger für bestimmte Bereiche und Wirkungen selbst aus dem Rennen und beschreiben eine Negativspirale. Die wenn auch unausgesprochene Botschaft für Buben darf nicht sein, dass Schule nichts für Männer ist, denn eine solche könnte mitunter ein „Männer ohne Schule“ zur Folge haben.

Mehr Männer in die Schule!

Es gilt, die Identität der männlichen Lehrperson positiv zu besetzen.

Die konkrete Umsetzung ist um einiges schwieriger. Denn die Identität einer Berufsgruppe kann als komplexes soziales Konstrukt bezeichnet werden, das von mehreren Determinanten abhängt. Im Falle des Lehrerberufs sind es im Wesentlichen folgende:

  • Lehrerinnen und Lehrer: Was können sie selbst dazu beitragen, um die Attraktivität und das Ansehen des Berufes zu steigern?
  • Gesellschaft: Wie wird mit Lehrpersonen kommuniziert? Wie wird in der Familie über Schule und Bildung gesprochen? Wie wird die Schule dargestellt?
  • Arbeitgeber: Welche Möglichkeiten hat dieser?

Für mich selbst kann ich sagen: Ich bin froh, trotz der einen oder anderen Identifikationsschwierigkeit diesen Beruf gewählt zu haben und ausüben zu können.

     
Udo Ortler aus Trafoi ist Grundschullehrer und Vater von zwei Söhnen
 

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