Eine Frage der Haltung

 

Wir greifen mit diesem Heft ein Thema auf, das nicht nur äußerst aktuell, sondern auch von viel Sehnsucht geprägt ist. Ein Thema, das uns auf den ersten Blick in die geografische Ferne zu verweisen scheint, das aber bei genauerem Hinsehen ungemein wichtig für unsere Gesellschaft auch hier in Europa, hier in Südtirol ist. Wir leben in einer glücklichen Situation der Kriegslosigkeit, aber in vielen Bereichen zeigt sich, dass Frieden mehr bedeutet. Wenn Sie den Inhalt betrachten, können Sie erkennen, mit wie vielen Begriffen das Wort Frieden assoziierbar ist. Von Friedenserziehung, Gewaltprävention, Empathie, Konfliktbewältigung, Toleranz, Respekt, ja sogar von FriedensFÄHIGKEIT ist die Rede. Es sind unterschiedliche Zugänge, Perspektiven, Handlungs- und Reflexionsräume.

Es geht darum, Kindern von klein auf die Möglichkeit zu geben, Mitgefühl zu entwickeln, sie auch in der Schule tagtäglich in ihrem Mitgefühl zu unterstützen. Und da kommt den Eltern, den Erzieherinnen und Erziehern und den Lehrpersonen eine unüberschätzbare Bedeutung zu, deren sie sich selbst vielleicht nicht bewusst sind: Empathie und Interaktionskompetenz. So können später auch speziellere Unterrichtsbereiche der Friedenserziehung nachhaltig sein. Selbst die Wahl der Worte, mit denen wir als Erziehende und Lehrpersonen auf Fehler oder Misserfolge reagieren, prägt entscheidend das Einfühlungs-vermögen der Kinder. Besonders spannend hierzu ist der Themenbeitrag von Jutta Kienbaum. Die Pädagogik selbst muss friedensfördernd sein, wie der Klagenfurter Friedensforscher und Friedenspädagoge Werner Wintersteiner von Robert Pechhacker und Renate Grasse zitiert wird. Sie bieten in ihrem Beitrag eine wertvolle Analyse verschiedener Ebenen der Friedenserziehung.

Die Aufarbeitung eines solchen Themas umfasst also im Großen drei Bereiche: Den Blick auf den Zugang der Kinder und Jugendlichen zum Thema, die Bedeutung für Lehrkräfte und Eltern und schließlich konkrete Beispiele aus dem Unterricht. Die Vielfältigkeit der Zugänge, die Unterschiedlichkeit der Teilbereiche von Friedenspädagogik zeigt, wie viel zu tun ist, wie viel Bedarf an Frieden es im Alltag gibt, wie viele Möglichkeiten und Chancen wir aber auch haben.

Noch ein Gedanke: Mehrfach tritt im Zusammenhang mit diesem Thema auch das Wort Kompetenz auf und so manche von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, werden aufgrund der Häufigkeit dieses Begriffes im Kontext der (Ober-)Schulreform dieses Wortes überdrüssig sein. Freilich: Man kann mit sogenannten Killerphrasen (Das ist ja eh nur Blabla, ein neues Modewort für Althergebrachtes, vielleicht sogar ein Unwort des Jahres…) dem Wort die Kraft nehmen und so tun, als hätte dieser Ausdruck keine wirkliche Bedeutung und folglich keine echte Konsequenz. Ich mag solche Killerphrasen nicht: In Goethes Faust heißt es: „Doch ein Begriff muss bei dem Worte sein!“ – Es geht darum, dem Wort die Chance zu geben! Es ist viel von Kommunikations- und von Sozialkompetenz die Rede: Vielleicht können wir – auch diejenigen von uns, die diese Schlagworte nicht mögen – sie unter dem Aspekt Friedensfähigkeit neu lesen und ihnen, auch für uns selbst, etwas abgewinnen.

 

 
 

Anna Christoph, Redakteurin

 

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