V.A.S. 

Hochverehrte Leserinnen und Leser!

 

Ja, da ist es schon wieder passiert: Zum wiederholten Mal fragt irgendein Neunmalkluger, der glaubt, besonders kreativ zu sein, irgendwelche Möchtegern-Promis, was sie von ihrer Schulzeit in Erinnerung behalten haben, um gleichsam feststellen zu können, wie nachhaltig diese von der öffentlichen Hand bezahlten Jahre wohl wirken. Als ob wir solche nutzlosen Umfragen nicht schon hundert Mal abgelutscht hätten – jetzt erscheinen sie auch noch in diesem unbrauchbaren Blättchen da, für das ich auch noch meine Perlen hinschmeiße!

Und das Ergebnis ist das Nämliche: Die klugen Damen und Herren erinnern sich tatsächlich nur noch an eine Reihe völlig belangloser Anekdoten. Ausflüge, kleine Scherzchen, böse Lehrer, die ersten feuchten Gefühle – das ist alles, was sie in der Schule gelernt haben. Logisch, die Blüten unserer Gesellschaft haben sich ihre Meriten völlig selbstständig und ohne Hilfe erarbeitet, später, als das richtige Leben von ihnen seinen Tribut forderte. Es stellt sich die Frage, wozu wir sie überhaupt in die Schule geschickt haben?

Ja, genau, das sage ich ja schon seit 25 Jahren. Umsonst nämlich. Schaffen wir die Schule endlich ab! Verklärte Erinnerungen und Klassentreffen für senile Altmaturanten sollen sich die Leute selber organisieren und meine Steuergelder in Ruhe lassen!

Oder sind wir etwa selber schuld an diesem himmelschreienden Missstand? Schließlich haben wir doch selber alle Beteiligten an dieser Geschichte in ihre jeweiligen Positionen gehievt, die Möchtegern-Promis zu Promis gemacht, die Neunmalklugen angestellt und bezahlt, die Blättchen gekauft und gelesen. Fehlt uns da etwa die nötige kritische Bildung, um die banalsten Zusammenhänge in unserer Gesellschaft zu durchblicken, geschweige denn die komplexeren?

 

Aber da merke ich, dass ich mir selber das Wasser abgrabe. Denn wo könnte sich ein junger Mensch wohl die Fähigkeit, Zusammenhänge zu erkennen, holen, wenn nicht in der Schule?

 

Mit vielen offenen Fragen

im Herzen grüßt Sie innigst

 

Ehrenfried Schullerer

 

satire