Was die Welt zusammenhält

 

In einer pädagogischen Zeitschrift über Nachhaltigkeit zu schreiben, bedeutet eigentlich Eulen nach Athen zu tragen. Denn dass bestmögliche Bildung eine nachhaltige Investition in die Zukunft ist, darüber sind sich wohl alle einig. Daher verzichte ich darauf, weitere kluge Worte an dieser Stelle über die Nachhaltigkeit der Südtiroler Schule zu verlieren, das könnte zu leicht als Selbstlob und Betriebsblindheit ausgelegt werden.

Erlauben Sie mir einfach, einige lose Gedanken aneinander zu reihen.

Das Stiegenhaus der Wirtschaftsfachoberschule in Meran wurde vor einiger Zeit von Schülerinnen und Schülern grafisch gestaltet. Dazu wählten sie unter anderem ein Zitat, das Albert Einstein zugeschrieben wird. Für alle sichtbar prangt gleich neben dem Lehrerzimmer: „Bildung ist das, was übrig bleibt, wenn wir alles vergessen haben, was wir in der Schule gelernt haben.“ Über diesen Satz muss man genauer nachdenken; er ist interpretationsbedürftig. Wie wohl allgemein bekannt ist, war Einstein ein schlechter Schüler, besonders in Mathematik und Physik. Es stellt sich natürlich die Frage, ob er mithilfe oder trotz der Schule sein Talent entfalten konnte. Hätte er die Relativitätstheorie auch ohne Schule finden können? Einstein hat die Welt nachhaltig beeinflusst. Hat auch die ihm gebotene Schulbildung ihn so nachhaltig beeinflusst, dass sein Wirken erst möglich wurde? Das würde der schulischen Bildung ein gewaltiges Potenzial zuschreiben. Einstein schien das eher nicht so zu sehen.

Aber das Zitat lässt sich auch anders lesen. Der Erziehungswissenschaftler Heinz-Elmar Tenorth meinte in einem Interview für die „Zeit“: „Die Schule hat Schülern Modi des Weltzugangs zu vermitteln, nicht in erster Linie Wissen.“ Arno Teutsch und Martin Peer drücken das in unserem Heft so aus: „Bildung heißt, Zusammenhänge begreifen.“ Das, was Schule also lehrt, reicht viel tiefer als das, was wir uns bewusst in Erinnerung rufen können. Es sind nicht Formeln, was wir in der Schule lernen, nein, wir lernen im Grunde „DIE“ Formel, die Weltformel. Wir lernen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Wenn wir dieses Ziel auch nie in seiner Gänze erreichen, so ist es doch die Aufgabe der Schule, sich immer strebend danach zu bemühen.

Ein Letztes noch: Dieses Streben beginnt viel früher, als man denkt. Darauf weist uns Freya Pausewang in ihrem Artikel ab Seite 4 hin. Die Basis für Zukunftsfähigkeit und nachhaltige Bildung wird in der frühkindlichen Erziehung gelegt. Ihr muss mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Was wir hiermit versucht haben.

 
 

Johannes Kofler, Chefredakteur

 

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