Einfach tun

 

Ich muss zugeben, dass es mir selten so schwer gefallen ist, ein Editorial zu verfassen. Nicht, weil ich zum Thema „Sprachen lernen“ nichts zu sagen wüsste, nein, es liegt eher daran, dass es dazu so viel zu sagen gäbe, dass das ganze Heft nur aus Leitartikeln bestehen sollte! Denn die Wichtigkeit von Sprachen kann gar nicht überschätzt werden! Ich bin zwar als Deutschlehrer nicht ganz unvoreingenommen (schließlich glaubt jede Lehrperson, dass das jeweils eigene Fach das wichtigste sei), doch kann ich mit Fug und Recht behaupten, dass ohne Sprachen keine andere Disziplin Bestand hat. Alle Kulturtechniken der Menschheit werden über die Sprache vermittelt.

Also, wer in einem gegebenen Bereich weiter kommen will, muss Sprachen erwerben. Zweifellos besitzen jene einen großen Wettbewerbsvorteil, die ihre Muttersprache in all ihren Facetten beherrschen und auf dieser Basis zweite und dritte und weitere Sprachgebäude aufbauen können. Auch darüber lässt sich ein sehr großer Konsens finden.

Trotzdem lernt nicht jeder eine zweite oder gar dritte Sprache. Noch schlimmer, allzu viele geben sich schon mit rudimentären Kenntnissen ihrer eigenen Muttersprache zufrieden. Ein hochbegabter Maturant aus einem unserer Seitentäler sagte mir einmal, nachdem ich seine einzigen beiden schlechten Noten in Italienisch und Englisch moniert hatte, er habe mehr Einsatz nicht nötig, da er bereits einen Arbeitsplatz in seinem Tal habe und dort brauche er diese Sprachen nicht. Was in der Theorie klar scheint, trifft in der Praxis keine Entsprechung.

Außerdem ist kaum ein anderer Bereich so gut erforscht wie der Spracherwerb. Wir wissen heute sehr gut, wie man erfolgreich Sprachen lernen, an vorhandenen Kenntnissen anknüpfen und diese erweitern kann. Auch ein selbstbewusster und unbeschwerter Umgang mit dem jeweils erworbenen, vielleicht noch wenig ausgebauten Sprachenschatz kann nicht schaden. Darüber finden Sie zum Beispiel allerhand in unserem Heft, etwa in den Beiträgen von Rita Franceschini  und Giuseppe Manno . Wir wissen also wie, wir müssten es nur tun. Ganz einfach tun. In unserem Land gibt es die allerbesten Möglichkeiten dafür.

Wären da nur nicht all diese Barrieren, die wir vorfinden, sobald es bei uns um Sprache geht…

 

 
 

Johannes Kofler, Redakteur

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