Offen für Kritik und dialogbereit Der Philosoph, Publizist und Autor Richard David Precht äußerte sich in der Fernsehsendung „Sternstunde Philosophie“ vom 17.11. 2013 dahingehend, dass die Welt zu verrohen drohe und gerettet werden müsse, indem man beispielsweise die Kinder zu Mitgefühl, Kreativität und selbstständigem Denken erziehe. Für lesenswert halte ich sein Buch „Anna, die Schule und der liebe Gott“. Es hat wie andere Werke, Feuilletons und Talksendungen gerade in Bezug auf die Vertiefung philosophischer Fragen und die Bildungsdiskussion kontroverse Reaktionen hervorgerufen. R. D. Precht stellt zudem fest, dass sich der Tonfall, in dem Menschen heute angegriffen werden, verschärft und geradezu radikalisiert habe; seit dem Aufkommen der Internetkultur werden starke und vernichtende Urteile gefällt, die viel mit Pöbelei und Häme zu tun haben. Damit sind wir bei der Thematik „Kritik üben“ und „Umgang mit Kritik“ angelangt, die immer auch mit „sich einmischen“ zu tun hat. Kritikkompetenz verlangt uns einiges ab – aktiv und passiv: zum einen Urteilsvermögen und Empathie, zum anderen aufmerksam zuhören, Gesagtes nicht persönlich nehmen, sich damit auseinander setzen, Selbst- und Fremdwahrnehmung abgleichen, Kritik – heute sprechen wir oft lieber von Feedback – als Hilfe ansehen und daran wachsen wollen. Der eigentliche Sinn von Kritik ist, auf Dinge aufmerksam zu machen, die verändert oder auch verbessert werden können. Persönliche Beobachtungen und Überlegungen für sich zu behalten und nicht in Worte zu fassen, wäre natürlich oft viel einfacher. Mitreden und sich auch mit Vorschlägen couragiert zu wort melden zählt zu demokratischer Mitbestimmung. Feedbackkultur wird längst auch in den Schulen, ja sogar schon im Kindergarten, sozusagen von klein auf gepflegt. Zeitgemäße Erziehungsansätze betonen, wie wichtig es ist, dass Erwachsene, Eltern ebenso wie Lehrpersonen, die Kinder und Jugendlichen in positiver Weise wahrzunehmen vermögen, ohne überwiegend auf vermeintliche Schwächen und Defizite zu schauen. Um Stärke, Zuversicht, Kreativität und neue Ideen entwickeln zu können, benötigen junge Menschen den wohl-wollenden Blick von außen, der ihr Potenzial anerkennt, und ein Umfeld, welches ihnen Mitsprache und Möglichkeiten der gesellschaftlichen Teilhabe einräumt, wo sie lernen, wie Kritik eingebracht und aufgegriffen werden soll, aber auch, dass es gilt, verantwortungsvoll damit umzugehen. Und wenn sich Kritik als unterstützend und nach Entwicklungsmöglichkeiten ausgerichtet erweist, erschließen sich allen Beteiligten wertvolle Ressourcen, vielleicht auch neue Perspektiven und Zukunftsszenarien.
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frei heraus gesagt
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