Kommentar zur Autonomie der Schulen von Walter Stifter
Die gesetzliche Grundlage für den erweiterten Handlungsspielraum der Einzelschule ist geschaffen und Südtirols Schulen können sich nun auf den Weg des Selbstständigwerdens machen. Ihre Ziele: Die Qualität der Schule erhalten und verbessern und dabei vor allem die Anpassung der Schule an die sich verändernden gesellschaftlichen und individuellen Voraussetzungen. Die didaktische Autonomie ist der einzige Weg, über den die Schule diese Ziele erreicht; als Hilfsmittel stehen ihr finanzielle und administrative Autonomie zur Verfügung. Didaktische Entscheidungen treffen nicht mehr wie bisher zentrale Stellen, sondern die Schulgemeinschaft selbst, insbesondere Lehrerinnen und Lehrer, die den schülerzentrierten Unterricht im Auge haben, der sich innerhalb des vorgegebenen Rahmens verwirklichen lässt. "Selbstgestaltung" und "Eigenverantwortung" stehen auf dem autonomen Haus des Lernens: Abstrakte Begriffe, solange sie nicht mit den Menschen in Verbindung gesetzt werden, an denen die Verwirklichung der Autonomie hängt und auf die eine verwirklichte autonome Schule zurückwirkt. Von den Kindern und Jugendlichen, von Lehrern und Lehrerinnen muss die Autonomie ausgehen, das Klassenzimmer wird zum pulsierenden Ort aller Veränderungen. Die neue Lernkultur der autonomen Schule gründet auf Formen des Unterrichts, die an Schüler und Schülerinnen angepasst werden und in denen das Nebeneinander von Klassen und Lehrpersonen überwunden wird. Als Hauptakteure des Schulbetriebes werden Schüler und Schülerinnen so weit als möglich in Entscheidungen und Handlungen der Schulgemeinschaft eingebunden. Die Autonomie bezieht ihren Sinn aus den unterschiedlichen Initiativen von unten. "Von unten" wird Schulentwicklung betrieben, in kleinen überschaubaren Bereichen. Die Pionierarbeit von Lehrerinnen und Lehrern, die im Geiste der neuen Lernkultur mit den Schülern arbeiten, gilt es zu unterstützen und neue zu stimulieren. Bei der Autonomiesierung handelt es sich um einen Prozess, der anhand des "Zwiebelschalenkonzeptes" - von Herbert Altrichter verwendet - am anschaulichsten dargestellt werden kann: Demnach ist die Autonomie nicht als bloße Verordnung von oben nach unten zu verstehen; Schicht für Schicht, vom Inneren der Zwiebel her, von den Köpfen der Schüler und Pädagogen ausgehend, bewegt sie sich nach außen. Sie gestalten die Schule, mit der sie sich auch identifizieren. Dadurch wird unter anderem verhindert, was heute die Schule bedroht: Die Schüler emigrieren aus einer Schule, mit der sie sich nicht identifizieren können und die sich nicht hinter sie stellt. Ein Motto gibt die Richtung vor. Es lautet: "Wir und unsere Schule".
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