Autonomie der Schulen ist für mich…

 

Beatrix Christanell, Mittelschullehrerin für literarische Fächer Sterzing:

Mit gemischten Gefühlen sehe ich der Einführung der Schulautonomie entgegen. Abgesehen von dem Wissen um die gesetzliche Grundlage bleiben viele Fragen offen: Wie können wir die entstehenden Freiräume sinnvoll nutzen? Welchen Einfluss werden verschiedene Interessengruppen (Gemeinden, Elternverbände, Wirtschaft ...) auf die Entwicklung der Schule nehmen? Wie verfügbar muss der Lehrer künftig sein? Bringt die Selbstverwaltung unter Umständen auch mehr Bürokratie für die einzelnen Schulen ...? Trotzdem verspüre ich Lust darauf, die eigene Schule mitzugestalten, auf individuelle Bedürfnisse vor Ort flexibler reagieren zu können, die an unserer Schule bereits begonnene Arbeit zur Schulentwicklung durch konkrete Initiativen Gestalt annehmen zu lassen. Eine Unsicherheit jedoch bleibt und wiegt schwer: Was passiert in einem Jahr, wenn auf Grund der Schulstufenreform unsere Schule aufgelöst und die geleistete Arbeit damit möglicherweise wieder in Frage gestellt wird? Das sind große Veränderungen für eine Institution, die erfahrungsgemäß Traditionen bewahrt und Entwicklungen hinterherhinkt, ausgestattet mit einem Lehrkörper, der zu einem hohen Prozentsatz unkündbar ist und mit Reform zwangsbeglückt wird.

 

 

Brigitte Regele, Lehrerin an der Mittelschule Terlan:

Seit zwei Jahren nehme ich am Pilotprojekt "Autonomie Schule" mit unserem Direktor und zwei weitern interessierten Lehrerinnen als Lernende teil. Mir ist dabei bewusst geworden, dass die Schule in einer Umbruchsphase ist, in der es darum geht, altes überholtes Wissen und Methoden loszulassen, neue Schritte zu wagen und Neuland zu betreten.

Unsere Aufgabe als Lehrer, Direktoren und Politiker verstehe ich darin, die Lebensqualität zum Wohle der Schüler in dem Sinne zu gestalten, dass diese die ökologischen Herausforderungen und zwischenmenschlichen Beziehungen von morgen gut bewältigen lernen. Wollen wir wirklich etwas verändern, müssen wir es in unserer Gedankenwelt tun und über positives Denken festgefahrene Gedankenmuster angehen. Doch dies ist ein schwieriges Unterfangen, nicht nur für uns Lehrer!

Jede Reise von tausend Meilen beginnt mit einem ersten Schritt: Lao-Tse

 

 

Helga Giovanett-Kalser, Grundschullehrerin in Tramin:

- Allgemein: Dezentralisierung und Föderalisierung des Bildungssystems
- Ideologisch: Gesellschaftliche Aufwertung der einzelnen Schule durch mehr Kompetenzen im finanziellen und organisatorischen Bereich.
- Realistisch: Die Chance, dass sich die Beteiligten einer jeden Schule mit ihren Wertvorstellungen, Erziehungs- und Bildungszielen und deren Umsetzungsmöglichkeiten aktiv auseinandersetzen und die Schulgemeinschaft dadurch zusammenwächst und stärker wird.
- Zeitgemäß: Konsequente Antwort auf die Unfähigkeit zentralistisch organisierter Strukturen, sich an rasch verändernde Bedingungen flexibler anzupassen.
- Konkret: Die Schaffung von Transparenz nach innen und nach außen durch das Erstellen eines Schulprogramms: Wir sagen was wir tun - wir tun was wir sagen.
- Visionär: Die Möglichkeit für alle am Schulleben Beteiligten ,Schule als Ganzes zu sehen; Mitdenken mitreden mitentscheiden und mitverantworten stärken die Bindung an die Schule und die Identifikation mit ihr.
- Pessimistisch: Die Gefahr der Zerfransung und Unübersichtlichkeit des Bildungssysthems .Besonders in der Anfangsfase vermehrte Auseinandersetzungen innerhalb der Schulgemeinschaft sowie mögliche Überforderung und Stagnation wenn das Schulklima "kippt".
- Realistisch: Die Notwendigkeit einer guten Beratung , einer kompetenten Schulleitung und deren Kontinuität, sowie eine regelmäßige Evaluation zur Qualitätsüberprüfung.
- Zusammenfassend: Durch die Autonomie kann Schule, die das Lernen auf ihre Fahne geschrieben hat , sich selbst als lernende Organisation beweisen .Sie hat die große Chance sich zum Wohle der Schüler/innen , Lehrer/innen , Eltern und Gesellschaft ständig zu verbessern Sie kann durch die vermehrten Eigenkompetenzen ihrem Erziehungs- und Bildungsauftrag besser gerecht werden und sich auf die verschiedenen gesellschaftlichen Ansprüche und ständigen Änderungen vor Ort flexibler und bedürfnisorientierter einstellen.
Vorausgesetzt: Schule darf autonom arbeiten und kommt nicht vom Regen in die Traufe.

 

 

Eva Brunnbauer Prantl, Lehrerin für Rechtskunde und Volkswirtschaft in Meran:

- Didaktische Autonomie: offene Lernformen, differenzierte Angebote, Leistungskurse, aufgelöste Klassenverbände, Arbeiten in Projekten, Ganztagsschule
- "Kollegiale Schule": "höchste" Instanz ist das Kollegium
- Miteinbeziehung von Eltern-Schülern-Verwaltung in alle wichtigen Entscheidungen
- Freiräume für Lehrer und Schüler (die eigenen Stärken einbringen können, Ruheplätze)
- Wahl des Direktors aus dem Kollegium für max. 5 Jahre = pädagogischer Leiter. Anstellung eines Chefsekretärs für die Administration
- Mobilität der Lehrer (Freistellung für andere Tätigkeiten, Teamunterricht, Interessengruppen, Projektfreistellungen)
- Finanzielle Autonomie -> Schulbudget für Unterrichtszwecke, Leistungsprämien, Handverlag