Inhaltsverzeichnis Heft 3/000Mündig für die Selbstbestimmung?

von Elisabeth Nitz Aberham

Das Stichwort "Autonomie" ist uns allen vertraut, zumal wir ja Bürger der autonomen Provinz Bozen sind. Dass der Begriff "Autonomie" jetzt auch im bildungspolitischen Bereich greifen soll, hat in letzter Zeit für reichlich Konflikt- und Gesprächsstoff in der Öffentlichkeit gesorgt. Bleibt die Frage: Wie sieht es denn aus mit den Zugeständnissen von Handlungsfreiräumen und Eigenständigkeit?

Eigentlich sollten die Schulen in Südtirol wie im restlichen Staatsgebiet Befugnisse auf breiter Ebene erhalten: didaktische, organisatorische und finanzielle Selbstbestimmung und Selbstverwaltung. Aber scheinbar sind wir in einem autonomen Land noch nicht ausreichend mündig dafür, sodass die Landesregierung ein eigenes Gesetz zur Schulautonomie entworfen und erlassen hat, das in einigen Punkten vom nationalen abweicht.

Dennoch sind alle Schulen ab September 2000 (teil-)autonome Organisationseinheiten. Diese neue Wirklichkeit in der Schule kann sehr interessant werden, stellt aber doch gewisse Anforderungen an Lehrerkollegien und Führungskräfte, wovon Pilotschulen erfahrungsgemäß bereits sprechen können. Wird diese neue Herausforderung von allen Schulen angenommen? Werden diese Freiräume vor Ort auch wahrgenommen? Wird diese Chance, spezifische Bedingungen zu berücksichtigen, eigene Schwerpunkte zu setzen, Programme zu entwickeln und zu erproben, auch genutzt? Oder bleiben es nach wie vor die wenigen Wackeren, die bereits bisher Schule als lernende Organisation verstanden und gelebt haben und sich vor schulischen Entwicklungsprozessen nicht gescheut haben?

Es wäre wirklich sehr schade, wenn die Gelegenheit, aus diesem Handlungspotential zu schöpfen, nicht wahrgenommen würde. Möglich werden Prozesse allerdings erst, wenn alle Beteiligten in der Schule sich auf eine tragfähige Zusammenarbeit einlassen, wenn Lehrerinnen und Lehrer sich auf gemeinsame Ziele zu einigen versuchen, wenn Direktorinnen und Direktoren Visionen aufgreifen und weiterentwickeln, Initiativen unterstützen und in Gang halten und Vorhaben in einem demokratischen Miteinander vorantreiben.

Selbstverständlich müssen selbst getroffene Entscheidungen auch selbst verantwortet werden. Die Evaluation der gemeinsam gesetzten Zielvereinbarungen wird darum eine notwendige Verpflichtung. Ist eine Schule überzeugt von dem, was sie tut? Kann sie auch andere überzeugen und mit Profil auftreten? Dem Blick der Öffentlichkeit kann sich die Schule in Zukunft sowieso nicht mehr entziehen. Ob autonome Schulen schlussendlich qualitativ bessere Schulen sind, wird die Zukunft zeigen.


Heft 3/00 erscheint Anfang Juni 2000