In drei Jahren ein Computer in jeder Klasse

Inspektor Kurt Pöhl leitet die Informatisierung der Südtiroler Schulen

das Interview mit ihm führt Walter Pichler

Herr Pöhl, wie lange dauert es noch, bis in jedem Klassenzimmer ein PC steht?

Einer der Schwerpunkte des Schulamts in den nächsten drei Jahren wird die Informationstechnische Bildung der Lehrerinnen und Lehrer sein. Ziel ist es, in dieser Zeit alle Interessierten mit dem Medium Computer in Kontakt zu bringen. Gleichzeitig sollte der Beschluss des Landtages umgesetzt werden, in jede Klasse einen PC zu bringen. Während es bei den Computerräumen keinen allzu großen Zuwachs mehr geben wird - dort werden die Geräte lediglich erneuert werden - wird das Hauptaugenmerk auf die Computer in den Klassenzimmern gelegt und zwar von der Grundschule bis in die Oberschule, mit allem Drum und Dran.

Kommt mit dem PC auch das Internet in die Klasse?

Im Prinzip ja: Schulneubauten werden heute so geplant, dass von einer zentralen Stelle aus Internet in jede Klasse gelangen kann. Werden Umbauten an Schulen vorgenommen, wird ebenfalls darauf geachtet, dass in jedes Klassenzimmer ein entsprechender Anschluss gebracht wird. Ob dieses Angebot auch tatsächlich genutzt wird, hängt dann allein von der Schule selbst ab.

Wie sollen die Lehrpersonen befähigt werden, mit dem PC umzugehen?

Ich bin der Überzeugung, dass jeder Lehrer sich mit diesem Gerät auseinandersetzen muss. Ob und wann der PC dann auch tatsächlich zum Einsatz kommt, hängt vom Einzelnen ab. Alle Lehrerinnen und Lehrer sind dazu zu befähigen, diese Entscheidung bewusst zu treffen. Dazu startet das Schulamt in diesem Schuljahr eine Ausbildungsinitiative, die es allen interessierten Lehrern ermöglicht, sich kundig zu machen. Wichtig ist mir dabei die Freiwilligkeit, es ist meiner Überzeugung nach wenig zielführend, Kollegen zu einer solchen Ausbildung zu zwingen.

Soll die Ausbildung fächerbezogen sein, oder geht es mehr um die Vermittlung von allgemeinen Fähigkeiten?

Bei dieser Initiative geht es um allgemeine Fähigkeiten. Die Seminare sind bewusst schulstufenübergreifend angelegt. Dadurch stellen wir sicher, dass bei der Diskussion um einen sinnvollen Einsatz elektronischer Werkzeuge möglichst viele Meinungen und Interessen mit vertreten sind. Aus demselben Grund wird in diesem Basiskurs auch nicht fächerspezifisch gearbeitet.

Wie viele Stunden soll dieser Grundkurs betragen?

Wir werden einen Grundkurs anbieten, der mittlerweile schon in 20 anderen Ländern der Welt umgesetzt wird, nämlich das Konzept "Intel - Lernen für die Zukunft". Diese Seminarfolge ist in den USA im Rahmen einer Kooperation zwischen Wirtschaft und Schule mit dem Ziel entstanden, neue Technologien in den Schulalltag einzubringen. Dieses Konzept wurde von der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung Dillingen an die Bedürfnisse der deutschsprachigen Schule angepasst. Mit geringen Änderungen übernehmen wir dieses Konzept: Die Seminarfolge wird 10 Halbtage umfassen, wobei an 5 Halbtagen verpflichtende Themen behandelt werden, nämlich Multimediales Präsentieren, Publizieren im Web und Rechtsbewusstsein - Schaffen im Netz. Die Inhalte der restlichen 5 Halbtage können aus einem Angebot gewählt werden.

Wie bekommen Sie jene Lehrer/innen in die Kurse, die sich bisher - aus welchen Gründen auch immer - dem PC verweigert haben?

Wir werden den Besuch dieser Seminare so interessant wie möglich gestalten. Neben einem Zertifikat sollen den Kursteilnehmern auch weitere Unterstützungsmaßnahmen angeboten werden. Wie in Deutschland und in den USA wird für den erfolgreichen Besuch der Seminarfolge ein auf dem freien Markt recht teures Softwarepaket geschenkt werden. Die Idee, die dahinter steht, ist jene, dass den Lehrerinnen und Lehrern diese Werkzeuge übergeben werden sollten, damit sie sie dann bei ihrer täglichen Arbeit zu Hause uneingeschränkt und rechtmäßig nutzen können. Schließlich schwirrt noch die Idee von einem ‚Bonus' in der Luft herum: Der Landeshauptmann hat schon mehrfach angedeutet, er könnte sich eine Unterstützung der Lehrer in diesem Bereich vorstellen, auch Landesrätin Dr. Kasslatter äußerte sich in diese Richtung. Durch solche zusätzlichen Initiativen könnte die Lukrativität des Besuchs sicherlich erhöht werden. Sicherlich müssen wir aber auch qualitativ gut sein.

Wann beginnen die Kurse?

Die ersten Grundkurse werden im Februar 2001 angeboten werden - für etwa 250 Kollegen. Wir werden im Laufe des zweiten Semesters ca. 15 Seminare an verschiedenen Orten Südtirols parallel anbieten. Zeigt dann ein größerer Prozentsatz der Lehrer und Lehrerinnen Interesse an diesem Angebot, werden wir die Angebote in den nächsten beiden Schuljahren erhöhen, ebbt die Anfrage ab, werden wir zurückfahren.
Sollte der Andrang wirklich sehr groß sein, wäre es auch denkbar, diese Seminare direkt an die Schulen vor Ort zu bringen, sie als schulinterne Veranstaltungen durchzuführen

Besteht die Gefahr, dass - ähnlich wie bei den Spezialisierungstiteln - Versprechen gemacht werden, die vielleicht nicht eingehalten werden können?

Wovon ich hier spreche, sind Pläne, die schon recht weit gediehen sind - einige Zusagen stehen aber auch noch aus. Ob wir z.B. in der Lage sind, die Software wie angedeutet an die Teilnehmer weiterzugeben, hängt davon ab, wie weit uns die Wirtschaft unterstützt - dies sind im konkreten Fall Intel und Microsoft. Eines noch: Sollte es besondere Unterstützungen der Landesregierung an die Schule geben, dann sollten diese Mittel unserer Überzeugung nach vorzugsweise jenen Lehrpersonen zukommen, die bereit sind, sich einer solchen Art von Weiterbildung zu stellen. Dadurch sollte die Wahrscheinlichkeit erhöht werden, dass die getätigten Investitionen dann auch die erhofften Früchte tragen.

Es sollen also nur diejenigen einen Bonus bekommen, die einen Kurs besuchen?

Uns ist bewusst, dass es heute bereits ‚Aktivisten' in diesem Bereich gibt, für die die Seminarfolge nicht so interessant sein könnte - dies hängt aber auch nicht unwesentlich vom Profil des Angebotes ab. Wir stellen uns jedenfalls die Frage, wie wir mit solchen Personen umgehen könnten. In Deutschland ist es jedenfalls so, dass nur jene Personen in den Genuss der Software kommen, die am Seminar auch teilnehmen. Diese Entscheidung hat auch seine Berechtigung, geht es in den Seminaren neben der ‚Handlingskomponente' doch auch sehr stark um eine pädagogisch/didaktische Diskussion, die gerade von den sog. Aktivisten der ersten Stunde nur bereichert wird. Welche Entscheidung bei uns konkret fallen wird, hängt auch vom Ausgang der laufenden Verhandlungen ab.

Haben Sie bestimmte Aufnahmekriterien, wenn die Nachfrage nach den Kursen zu groß ist?

All jene, die Interesse an der Teilnahme bekunden, müssen den Kurs auch besuchen dürfen. Im schlimmsten Falle kann dem nicht sofort, sondern beispielsweise eben mit einem halben Jahr Verspätung entsprochen werden - eventuell bieten wir Seminare auch im Sommer (eine Woche Lehrercamp!) an.
Auf alle Fälle müssen wir transparente Anmeldekriterien sicherstellen, damit für alle Interessierten nachvollziehbar wird, wer wann zum Zuge kommt.


Der AutorDas Gespräch führte Walter Pichler