Allgemeinbildung wird groß geschrieben

Die Auswirkungen der Reform auf die Sekundarstufe

Von Erica Fassa

Im Bereich der Oberschule schafft die Reform der Schulstufen Verflechtungen mit anderen Bildungs- und Ausbildungswegen und sieht eine Reihe von Möglichkeiten vor, in andere Bereiche und Fachrichtungen überzutreten und postsekundäre Spezialisierungen zu erwerben. Dies erlaubt den Jugendlichen ihre endgültige Schul- und Berufswahl zu einem späteren Zeitpunkt zu treffen bzw. zu ändern ohne von vorne anfangen zu müssen.

Aufgaben der "neuen Oberschule"

Die Schülerinnen und Schüler können nach der zweiten Klasse der Oberschule - in Südtirol auch nach Erfüllung der Schulpflicht an Berufsschulen mit Vollzeitkursen - in die Berufsausbildung überwechseln und dort bis zur Vollendung des achtzehnten Lebensjahres ihre Bildungspflicht erfüllen. Nach Abschluss der fünfjährigen Oberschule können die Jugendlichen, die dann in der Regel schon 18 Jahre alt sind und die Bildungspflicht erfüllt haben, direkt in den Beruf einsteigen oder zwischen einer höheren Berufsausbildung, den Kursen der Höheren Technischen Bildung und dem Universitätsstudium wählen. Die neue Oberschule hat somit die Aufgabe, den jungen Menschen eine gute Allgemeinbildung zu ermöglichen, die als Grundlage für eine spätere berufliche Spezialisierung dienen soll. Ein besonderes Augenmerk muss dabei auf die Sprachkompetenz in der Muttersprache und in den Fremdsprachen gerichtet sein sowie auf den Erwerb von angemessenen Grundkompetenzen in der Mathematik, in den neuen Technologien und im musischen Bereich.

Entspezialisierung

Die curricularen richtungsspezifischen Fächer sollen in Zukunft ausschließlich zum Erwerb von grundlegenden Kompetenzen im gewählten Bereich führen und ein Großteil der Spezialisierung, die heute an Fachoberschulen und Lehranstalten erfolgt, soll künftig auf den postsekundären Bereich verlegt werden. Die Entspezialisierung der Oberschule kann indirekt zur Stärkung von Grund-, Methoden- und Fachkompetenzen beitragen, die als Ausgangpunkt für eine spätere Spezialisierung und als Voraussetzung für ein lebensbegleitendes Lernen dienen sollen. Nach Inkrafttreten der Schulstufenreform wird es keine Unterscheidung zwischen allgemeinbildenden Oberschulen, Fachoberschulen und Lehranstalten mehr geben. Alle Schulen werden künftig ganz einfach als Oberschulen - im restlichen Staatsgebiet als Lyzeen - bezeichnet und einem der vier vorgesehenen Bereiche mit verschiedenen Fachrichtungen zugeordnet. Staatliche Richtlinien werden zwar auch in Zukunft die verbindlichen Fächer und die jeweilige Jahresstundenzahl festlegen, die Schulen erhalten jedoch einen Gestaltungsfreiraum, der im Biennium und im Triennium jeweils 20% des gesamten Jahresstundenkontingents ausmachen wird. Die Schulen haben so die Möglichkeit, Wahlpflichtfächer anzubieten, die unter Berücksichtigung der lokalen Situation, der Zukunftsperspektiven auf dem Arbeitsmarkt, der Wünsche von Schülern und Eltern ermittelt werden.

Freifächer

Zusätzlich zum Pflichtbereich (Pflichtfächer und Wahlpflichtfächer) wird jede Schule auch Freifächer anbieten können und somit eine weitere Schwerpunktsetzung ermöglichen. Die Wochenstundenzahl soll künftig durch eine Jahresstundenzahl ersetzt werden, die eine durchschnittliche wöchentliche Belastung von 30, maximal 33 Wochenstunden im Pflicht- und Wahlpflichtbereich vorsieht. Dadurch entstehen Freiräume, die jeder Schüler entsprechend seinen Interessen und Neigungen für Angebote in der eigenen oder auch an anderen Schulen nutzen kann. Freifächer und Zusatzangebote sind nicht zuletzt auch aus der Perspektive der Lehrpersonen und der Schulverwaltung sinnvoll, weil dadurch neue Möglichkeiten der optimalen Nutzung von personellen Ressourcen und schulischen Infrastrukturen geschaffen werden, die in Folge der bereits erwähnten Entspezialisierung und der Reduzierung der Pflichtstundenzahl frei gesetzt werden.

 

Oberschulen und Fachrichtungen

vor der Reform

Oberschulbereiche und Fachrichtungen

Nach der Reform

 

 

  Humanistische Gymnasien

  Humanistischer Bereich

  • Klassische Richtung
  • Altsprachliche Fachrichtung
  • Sprachenlyzeum
  • Neusprachliche Fachrichtung

 

 

  Realgymnasien, Fachoberschulen für

  Soziales, Pädagogische Gymnasien

  Wissenschaftlicher Bereich

  • Traditionelle Richtung und biologische Fachrichtung der Fachoberschule für Soziales
  • Mathematisch/naturwissenschaftliche Fachrichtung
  • Pädagogisch/soziale Richtung an Päd. Gymn.
  • Sozialwissenschaftliche Fachrichtung

 

 

  Fachoberschulen und Lehranstalten

  Technisch/technologischer Bereich

  • Gewerbeoberschulen und Lehranstalten für Industrie und Handwerk
  • Gewerbliche Fachrichtung
  • Alle Fachrichtungen der Handelsoberschulen, Lehranstalten für Wirtschaft und Tourismus, Touristische Fachrichtung Fachoberschulen für Soziales
  • Fachrichtung Wirtschaft und Tourismus
  • Geometerschulen u. Fachrichtung Bauwesen an Gewerbeoberschulen
  • Fachrichtung Umwelt- und Landschaftsschutz und Bauwesen
  • Landwirtschaftliche Oberschulen
  • Fachrichtung Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie
  • Lehranstalten für soziale Dienste
  • Fachrichtung für soziale Dienste (Dienstleistungen zugunsten von Einzelpersonen oder in sozialen Einrichtungen)

 

  Kunstlyzeen, Kunstschulen, Konservatorien

  und Pädagogische Gymnasien

  Bereich Kunst und Musik

  • Kunstlyzeen und Kunstschulen
  • Fachrichtung Kunst
  • Pädagogisch/musikalische Fachrichtung und Musikkonservatorium
  • Fachrichtung Musik

 

Von Erica Fassa