Stellenabbau - ja oder nein?

Interview mit Schulamtsleiter Walter Stifter

Werden durch die Schulreform Lehrer überzählig?

Ich gehe von der staatlichen Situation aus: Mit derselben Frage sind die Gewerkschaften an Unterrichtsminister Tullio de Mauro herangetreten. "Es werden keine Stellen abgebaut", war seine Antwort. Durch das sogenannte funktionelle Plansoll werden auch Freiräume in den Schulen geschaffen und der eventuelle Abbau einer Jahrgangsstufe kann damit aufgefangen werden.
Abbau einer Jahrgangsstufe heißt, dass von acht auf sieben Schuljahrgänge abgebaut wird. Dies bedeutet, dass ein Achtel der Stellen frei würde. Der Unterrichtsminister versichert aber, dass Reststunden künftig zu einer ganzen Einheit aufgerundet werden, damit Schulen für verschiedenste Vorhaben, auch außerschulischer Natur, die nötigen personellen Ressourcen zur Verfügung haben. Wenn dem so ist, sehe ich keine übermäßige Gefahr, dass Stellen abgebaut werden.

Was geschieht mit den überzähligen Lehrpersonen, wenn trotzdem Stellen abgebaut werden?

Sollten dennoch Stellen abgebaut werden, dann werden diese Stellen durch Pensionierungen aufgefangen. "Niemand muss um die Stelle, die er innehat, bangen", so der Wortlaut des Ministeriums.
Zur Zeit kann aber durch Pensionierungen kaum etwas aufgefangen werden und überzählige Lehrer werden der Direktion zugewiesen. Heute gibt es auch in Südtirol solche Fälle. So sind im Bereich der Oberschulen ehemalige Stenographie- und Maschinenschreiblehrer überzählig. Sie werden anstelle der Supplenten eingesetzt, arbeiten in Projekten mit oder haben über Umschulungskurse andere Lehrbefähigungen erlangt.

Gibt es zu dieser Zusage auch gesetzliche Bestimmungen?

Gesetzliche Bestimmungen gibt es nicht, dies sind Erklärungen des Unterrichtsministers an die Presse. In Südtirol herrscht zudem eine andere Situation. Gesetze, die in Rom verabschiedet werden, müssen bei uns im Rahmen der sekundären Zuständigkeiten von der Landesregierung übernommen oder angepasst werden. Der Unterrichtsminister sagt, dass in ganz Italien keine Stellen abgebaut werden und gleich viele Lehrer behalten bzw. überzählige ins funktionelle Plansoll übergehen und für andere Aufgaben verwendet werden.
Ich nehme daher an, dass ähnliche Lösungsansätze auch für Südtirol gelten.

In welche Schulstufe wechseln die Mittelschullehrer?

In der Landesregierung stellt man sich die Gliederung der Schulstufen im Moment folgendermaßen vor: Es wird ein Biennium (Klasse 1-2) geben, wo ausschließlich die heutigen Grundschullehrer unterrichten werden, ein Triennium (Klasse 3-5), wo es ein gemeinsames Wirken zwischen Lehrern der Ex-Grundschule und Lehrern der Ex-Mittelschule gibt, und ein Biennium (Klasse 6-7), wo es hauptsächlich Fächerunterricht geben wird. Dieses Biennium ist ausschließlich den Lehrern der heutigen Mittelschule vorbehalten. Einige Lehrkräfte der Mittelschule werden natürlich auch ins Biennium der Oberschule wechseln.

Werden auch in der Grundschule weniger Stellen zur Verfügung stehen?

Das derzeitige achte Pflichtschuljahr geht auf Kosten der Grund- und Mittelschule. Sollte es zu einem Stellenabbau kommen, dann würde er beide Schulstufen gleichermaßen betreffen.

Welche Fächer werden Ex-Mittelschullehrer in der neuen Grundschule unterrichten?

Genaues ist hier noch nicht bekannt. Ich könnte mir vorstellen, dass Ex-Mittelschullehrer in den Klassen 3-5 jene Fächer übernehmen, die auch in den weiterführenden Stufen und Schulen angeboten werden. In den unteren Klassen sollte man nicht zu früh mit dem Fächerunterricht beginnen, um die Kinder nicht mit zu vielen Bezugspersonen zu konfrontieren.

Welchen Abschluss müssen bereits unterrichtende Lehrer haben, um in der neuen Grundschule unterrichten zu können?

Ziel der Reform ist unter anderem, die Ausbildung auf ein Berufsbild hin auszurichten, das der gesamten siebenjährigen Grundschule gerecht wird. Daher kann dieses Modell, dass in den Klassen 1-2 der Ex-Grundschullehrer und in den Klassen 6-7 der Ex-Mittelschullehrer unterrichtet, nur eine Übergangsphase sein. Es müssen daher in Zukunft Lehrer ausgebildet werden, die von der ersten bis zur siebten Schulstufe eingesetzt werden können. Natürlich wird man die derzeitigen Grund- und Mittelschullehrer auf neue Situationen ein-, nach- und umschulen müssen. Es werden in der neuen Grundschule zwei verschiedene Lehrertypen mit diverser Herkunft, Ausbildung und Geschichte miteinander "verschmolzen" und dies wird auch einige Schwierigkeiten mit sich bringen.

Gibt es eine einheitliche Besoldung?

Das ist alles erst zu definieren und hier hat das Land auch ein Mitspracherecht. Man muss sehen, ob im Zuge von Umschulungskursen Grund- und Mittelschullehrer gleich behandelt werden können. Ähnliche Fälle hat es schon beim Staat gegeben. Diverse Ausbildungsmodule wurden dort zusammengelegt und man hat eine einheitliche Besoldung vorgesehen. Man denke an die Kunst- und Techniklehrer mit maturärer Ausbildung, die nach einer bestimmten Zeit der Berufsausbildung und Fortbildung den Akademikern gleichgestellt wurden.

Müssen Mittelschullehrer befürchten, dann weniger Gehalt zu bekommen, wenn sie in den unteren Stufen unterrichten?

Das kann man sicher ausschließen. Die Bezahlung erfolgt nach Bildungsstufen; es wird nicht möglich sein, dass jemand weniger Gehalt bezieht als bisher.

 

Das Interview führten Tamani Marsoner und Johanna Mitterhofer.