In der Schulbibliothek Arbeitstechniken trainieren

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Ein Baustein aus dem Ergänzungslehrgang Schulbibliothek

Von Günter Schlamp

Vor zehn Jahren diskutierte man über den funktionalen Analphabetismus. Ein Rundfunkreporter ließ in Frankfurt am Main Schüler/innen einen Zeitungstext lesen und fragte anschließend nach dem Inhalt. Fazit: Die Schüler/innen verstehen nicht mehr, was sie lesen.

Ebenfalls vor zehn Jahren, zu Beginn der 90er Jahre, wies Hilmar Hoffmann, damals Kulturdezernent der Stadt Frankfurt, darauf hin, dass die USA wegen ähnlicher Befunde angefangen haben, die Lesekompetenzen von Schülerinnen und Schülern zu trainieren. Er rief dazu auf, auch in der deutschen Bildungspolitik zumindest ähnliche Akzente zu setzen.

Was damals funktionaler Analphabetismus genannt wurde, ist dem ähnlich, was heute mangelnde Lesekompetenz heißt. Die PISA-Ergebnisse bescheinigen den USA und anderen Ländern, dass ihr Training erfolgreich war.

In Amerika spielen die Schulbibliotheken beim Training der Lesekompetenz, der Literacy, eine wesentliche Rolle. Für alle Schuljahrgänge liegen detaillierte Lernzielkataloge vor, in denen festgelegt ist, welche Fertigkeiten zu trainieren sind. Dazu gehören alle Schritte eines Rechercheprozesses, von der Formulierung der Aufgabe bis zur Darstellung der Ergebnisse als Referat, Wandzeitung oder HTML-Dokument. Selbstverständlich gehört das Sich-Zurechtfinden in einer Schulbibliothek dazu. "Go, look it up in the card catalogue!" ist ein Satz, der amerikanische Schüler noch im Traum verfolgt, wie mir eine ehemalige Schülerin berichtet, die als Austauschschülerin in USA war. Sie empfand dieses Training als sehr kleinschrittig und formalisiert.

Wer amerikanische Schulbibliothekszeitschriften durchblättert, glaubt, dass es nur noch um Literacy zu gehen scheint. Kuschelecken und "pleasure reading" stehen jedenfalls nicht im Vordergrund.


Nun muss man nicht gleich übers Ziel hinausschießen, aber die Schulbibliothek ist der geeignete Ort für das Training von Lesekompetenzen. Schulbibliotheken sollten sich aus Räumen, in denen viele Bücher vorhanden sind, aber wenig genutzt werden, zu Werkstätten entwickeln, in denen der Umgang mit Büchern und anderen Medien gelernt wird. Die Bibliotheksleiter/innen und die hauptamtlichen Schulbibliothekare sind die Moderatoren dieses Lernprozesses, den sie gemeinsam mit Fachlehrkräften gestalten. Die Schulbibliothek muss sich als "aktive" Bibliothek begreifen, nicht nur als "geistige Tankstelle".

Für Workshops eignen sich Arbeitstechnik-Bücher, die in der Bibliothek, zum Teil mehrfach bis zum Klassensatz, vorhanden sein sollten.




Bücher zu Arbeitstechniken

Als Raster für den Rechercheprozess bietet sich Software an, z. B. der Recherche-Planer, welcher der Microsoft Encarta beigelegt ist und der Mindmanager, ein Programm, mit dem Mindmaps hergestellt werden können.


Mir scheint, dass im Unterricht zu sehr auf das Ergebnis geachtet wird. Wie oft heißt es in Musik, Biologie oder Geschichte: "Mach mal ein Referat!" Aber wer übernimmt die Verantwortung für den Prozess? Wer hält die Schüler/innen an, kritisch über ihren Rechercheweg zu reflektieren? Während früher Lexikonartikel abgeschrieben wurden, wird heute geklickt und ausgedruckt.

Für den Rechercheprozess selbst empfiehlt sich ein Modell, das in Anlehnung an amerikanische Modelle entstanden ist. Jeder Schritt muss durch Informations- und Arbeitsblätter, durch Evaluationsbögen ausgestaltet werden. Als letzter Schritt des Rechercheprozesses wird daher über die Präsentation hinaus, die Reflexion des Verfahrens verlangt. Natürlich kann dieser Schritt bei fortschreitendem Kompetenzzuwachs entfallen.


Eine Schulbibliothek, die sich dieser Aufgabe annimmt, wird zum unverzichtbaren Bestandteil der Schule. Sie kann es sich sogar leisten, BIBLIOthek zu bleiben:
Die Leseforschung schmückt sich mit dem Satz "Leser sind bessere Fernseher." Dem liegen Befunde der Neurologen zu Grunde, die die unterschiedliche Verarbeitung von Texten und Fernsehbildern im Gehirn untersucht haben. Geübte Leser surfen erfolgreicher auf dem Meer der digitalen Informationen. Zum Lernen am Computer und im Internet tauchen die ersten ähnlichen Befunde auf.


Internetadressen:

www.kindred.k12.nd.us/CyLib/B6.html Big 6, das bekannteste US-Programm für information literacy

www.isd77.k12.mn.us/resources/infocurr/infolit.html Beispiele für ein entsprechendes Curriculum


Günter Schlamp ist Schulleiter an einer Gesamtschule in Hessen und maßgeblich am Aufbau des Schulbibliothekwesens in Hessen beteiligt.