Wie bewerten Sie die Arbeit des Direktors?

von Toni Ladurner, Direktor an der Mittelschule Meran III

 

 

Schulführung aus der Sicht von Lehrer/innen, Verwaltungspersonal und Elternvertretern

Die Bewertung der Arbeit des Schulpersonals und die Evaluation der Dienstleistung Schule werden auch bei uns in den nächsten Jahren Wirklichkeit werden. Das Landesgesetz zur Schulautonomie sieht eine interne und externe Evaluation vor, auch wenn noch nicht klar ist, wer was auf welche Weise evaluieren soll.

Sollen wir zuwarten, was Politiker und Verwalter entscheiden werden oder sollen wir vor Ort, an den "autonomen" Schulen inzwischen Erfahrungen sammeln und konkrete Vorschläge ausarbeiten? Ich bin ein Befürworter der zweiten Variante, weil sie besser dem Konzept der Eigenverantwortung, die der Kern jeden Autonomie-Gedankens ist, gerecht wird. Daher wurde an unserer Schule im April und Mai eine Evaluation wichtiger Bereiche meiner Tätigkeit als Direktor vorgenommen. Ziele, Inhalte und Methoden dieser Bewertung werden im Folgenden kurz dargestellt.


Selbstbewusstsein und Profil durch Evaluation

Der Begriff Evaluation erzeugt bei vielen Schulleuten nach wie vor Angst - vor Kontrolle, vor Bloßstellung und Abwertung. Evaluation wird oft auch als überflüssige bzw. undurchführbare Sache bezeichnet. Zugegeben: Evaluation ist schwierig und delikat, weil man nicht nur Ergebnisse und Prozesse bewertet, sondern es immer auch mit Menschen zu tun hat. Das erleben wir täglich auch bei der Bewertung der Schülerleistungen. Andererseits kann gut durchgeführte Evaluation, die nicht nur Schwächen ermittelt, sondern auch die Stärken und Entwicklungsmöglichkeiten sichtbar macht, das Selbstbewusstsein der Akteure und das Profil der Schule stärken. Und dies wiederum trägt dazu bei, dass die Arbeit lieber und besser gemacht wird und mehr Zufriedenheit verschafft. Evaluation ist also nicht nur für den "Betrieb" von Vorteil, sondern kann und soll auch für jede(n) Mitarbeiter/in Sinn ergeben.

 

Warum "Evaluation der Schulführung"?

Bei den Evaluationsprojekten, die wir bisher an unserer Schule durchgeführt haben, standen stets die Sinnhaftigkeit ("Warum machen wir das?") und die Machbarkeit im Vordergrund. Auch bei der Evaluation meiner Arbeit als Direktor waren dies die entscheidenden Kriterien bei der Planung. Unser Pilotprojekt zur "Autonomie der Schule" will durch entsprechende Unterrichtsformen, die Übernahme von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten, klare Vereinbarungen usw. die Eigenverantwortung von Schülern und Schulpersonal fördern. Dazu braucht es ein stimmiges Führungskonzept, d.h. mein Handeln als Direktor soll Selbständigkeit und Eigenverantwortung ermöglichen und fördern.
Die Evaluation sollte also Auskunft darüber geben, ob und wie ich durch mein Handeln die angestrebte Eigenverantwortung fördere und auch Auskunft über andere Bereiche meiner Leitungsfunktion geben (siehe Fragebogen). Sie war gleichzeitig als Signal an die Lehrer/innen gedacht, dass die Direktoren in dem Prozess der Evaluation nicht ausgenommen sind. Es sollte ein "Modell" erprobt und reflektiert werden, um mit Zweifeln und Ängsten besser umgehen zu können.

 


Von der Idee zum Plan

In unserem Schulprogramm haben wir festgelegt, dass heuer zwei Bereiche evaluiert werden sollen: die Erfahrungen beim Projekt "Offenes Lernen" und die Schulführung. Über das "Offene Lernen" haben wir im Rahmen der Pädagogischen Tagung im April eine Bestandsaufnahme vorgenommen, die Schulführung sollte mittels Fragebogen eingeschätzt und beim Workshop der "Pilotschulen" im Mai reflektiert werden. Die anderen Schulen des Pilotprojekts haben für diese Selbstevaluation die Rolle von "kritischen Freunden" übernommen. Die Planung der Evaluation (Erstellen, Verteilen und Auswerten des Fragebogens) lag in den Händen der Fortbildungsgruppe der Schule.
Die Ausarbeitung des Fragebogens war ein langwieriges Verfahren, das sich über fast zwei Monate erstreckt hat. Denn die im Schulprogramm angeführten Kriterien und Indikatoren, die weitgehend dem Buch "Spiegel aufstellen" entstammen, konnten nicht ohne weiteres als Aussagen für den Fragebogen verwendet werden. Von großer Hilfe waren die Anregungen von zwei Experten aus Deutschland (Claus G. Buhren und Detlev Lindau-Bank), die im Rahmen der Führungskräfteschulung für Schulleiter/innen ein Seminar über Selbstevaluation hielten. In einer Kleingruppe mit Kolleginnen und Kollegen anderer Schulen konnte ich die Indikatoren für die Befragung und Kriterien für die Auswertung ausführlich besprechen und den letzten Entwurf für den Fragebogen erstellen. Nachdem einige Lehrpersonen und Elternvertreter den Fragebogen auf seine Tauglichkeit hin überprüft hatten, ist die Befragung vor Ostern durchgeführt worden.

 

Die Durchführung

Der Fragebogen ist an 39 Lehrpersonen, das Verwaltungspersonal und die Schulwarte (neun Mitarbeiter/innen) und an 31 Mitglieder der Elternrats verteilt worden. Ursprünglich sollten auch Schülervertreter (Klassensprecher/innen) an der Befragung teilnehmen, aber die Erstellung eines eigenen Fragebogens für Schüler war uns zu aufwändig und kompliziert. Die Fortbildungsgruppe wertete Ende April die eingegangen 71 Fragebögen aus und stellte die Ergebnisse am 4. Mai Lehrern, Verwaltungspersonal, Elternvertretern und Mitgliedern des Workshops vor.
Die Teilnehmer des Workshops hatten am gleichen Tag mit 13 Lehrpersonen, zwei Sekretariatsmitarbeitern, einem Schulwart, drei Elternvertretern im Schulrat und drei Schülern Interviews über die Führung der Schule und die Erfahrungen mit der Evaluation durchgeführt, deren Ergebnisse ebenfalls präsentiert wurden.
Bei der Veranstaltung am 4. Mai lag ein sehr umfangreiches Datenmaterial vor, und zwar sowohl über die Schulführung als auch über die Evaluation selbst.
Die Bewertung meiner Arbeit hat neben positiven Rückmeldungen auch einige Schwachpunkte oder kritische Bereiche aufgezeigt, was ich für mein weiteres Handeln nutzen werde. Es gibt - z.B. zu den strukturierten Mitarbeitergesprächen - auch unterschiedliche Aussagen, die erst noch näher analysiert werden müssen.
Die "kritischen Freunde" der anderen Schulen haben durch ihre Fragen dazu beigetragen, den Blick für Stärken und Schwächen zu schärfen und das Evaluationsprojekt kritisch zu hinterfragen. Wir haben diese Kolleginnen und Kollegen als wertvolle Ressource für unseren Schulentwicklungsprozess und diesen Workshop insgesamt als sehr wertvolle Erfahrung erlebt.

 

Wie geht's weiter?

Bei der Plenarkonferenz am 18. Mai 2000 werden die Ergebnisse noch einmal vorgestellt, die Auswertung vertieft und Konsequenzen für die weitere Schulentwicklung gezogen. Auch die Eltern werden noch vor Schulende einen zusammenfassenden Bericht erhalten.

 

Kann diese Evaluation "Modell" für andere sein?

Ich bin froh, dass ich diese Erfahrung gemacht habe: Zum einen in Hinblick auf die bevorstehende Dienstbewertung der Direktoren durch das Schulamt oder eine andere Bewertungsinstanz, der ich viel gelassener entgegensehe; große Ängste hat sie mir ohnehin nie bereitet. Zum anderen als Signal für die Lehrer/innen. Allerdings kann dieses Evaluationsprojekt nicht unkritisch als "Modell" für eine Bewertung der Lehrerarbeit übernommen werden. Ich habe von Anfang an betont, dass diese Form der öffentlichen Präsentation und Auswertung nicht die Regel sein. Aber dass Lehrer/innen von Kollegen oder Schülern öfters als bisher eine Rückmeldung zu ihrer Arbeit einholen, das würde ich doch als Anregung weitergeben. Denn Evaluation kann dazu beitragen, die Arbeit (selbst-) bewusster und professioneller zu gestalten.