Rezensionen: Harald Eichelberger und Elisabeth Furch (Hg.): Kulturen, Sprachen, Welten. Die Herausforderung (Inter-)Kulturalität. Studienverlag Innsbruck-Wien 1999
Hie Semirurali-Viertel - dort Südtirolersiedlung Gabriele Rath, Andrea Sommerauer, Martha Verdorfer (Hg.): BOZEN INNSBRUCK/Zeitgeschichtliche Stadtrundgänge, Folio Verlag Bozen-Wien 2000.
Hie Semirurali-Viertel - dort Südtirolersiedlung Zeitgeschichtliche Rundgänge durch Bozen und Innsbruck In urbanistischen Strukturen, architektonischen Objekten, Monumenten, Gedenktafeln usw. hinterläßt die Geschichte ihre Signatur. Städtische Zentren präsentieren die Zeichensetzungen der Machthaber in geballter Form. Durch die große Dichte von historischen Spuren bringen sie den Wandel der politischen Verhältnisse anschaulicher zum Ausdruck als Lokalitäten der Peripherie. Davon ausgehend lädt der vor ein paar Monaten erschienene Band zu zeitgeschichtlichen Stadtrundgängen durch Bozen und Innsbruck ein. Lobenswert ist hervorzuheben, daß allen Darstellungen ein aufklärerischer Impetus und ein detektivisches Geschichtsverständnis zugrundeliegen. Das Buch begleitet uns zu 28 exemplarischen Orten, zu beeindruckenden Gebäuden und Straßen, zu Mahnmalen und Friedhöfen, zu Erinnerungsstätten des Widerstandes gegen Faschismus und Nationalsozialismus, beschreibt Diskussionen, die in bezug auf öffentliche Erinnerungszeichen sehr oft kontroversiell geführt werden. Es beschäftigt sich jedoch auch mit geschichtsträchtigen Orten in Innsbruck und Bozen, die in Vergessenheit geraten sind und die im heutigen Aussehen wenig oder nichts von ihrer historischen Relevanz verraten. Es ist ein großer Pluspunkt der Stadtrundgänge, daß sie gerade über die "unsichtbaren" Orte viel zu erzählen wissen. Geschliffene Interpretationsmuster und fundierte geschichtliche Informationen lassen aus dem "Unsichtbaren" etwas "Sichtbares" werden. Wer die geschichtliche Dimension ausblendet, wird beispielsweise nichts Außergewöhnliches am heutigen Kaufhaus Tyrol oder am Spirituosengeschäft Lauda in der Heiliggeiststraße entdecken. Der zeitgeschichtlich geschulte Blick jedoch bringt diese beiden Orte mit der "Arisierung" bzw. mit der Verfolgung und Ermordung jüdischer BügerInnen in Zusammenhang. Das größte Warenhaus Tirols (Kaufhaus Bauer & Schwarz) war wie die Essig-und Spirituosenfabrik Dubsky (jetzt Lauda) in jüdischem Besitz, doch nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden alle jüdischen Geschäfte "arisiert". Die Historikerin Martha Verdorfer hat die Beiträge über Bozen verfaßt. Der Rundgang in Bozen geht auf insgesamt 14 geschichtlich bedeutsame Orte ein: Siegesplatz (mit Denkmal), Waltherplatz (mit Denkmal), Drususstadion, Industriezone, polizeiliche Durchgangslager, Mayr-Nusser Haus, Soldatenfriedhof etc.. Das Hauptaugenmerk ist auf die faschistische Bautätigkeit gerichtet. Es geht Verdorfer nicht nur um detaillierte Beschreibungen von Monumenten, Erinnerungsstätten, Wohnbauzonen. Ihr Bemühen ist erster Linie darauf gerichtet, das ideologische Gebälk des Faschismus mit den städtebaulichen Eingiffen in Verbindung zu bringen und isoliert anmutende Aspekte in einen historisch fundierten Deutungszusammenhang zu stellen. In diesem Kontext werden einige von den beschriebenen Stationen zum Anschauungsmaterial für die weitverzweigte Symbolik faschistischer Kultur und für urbanistische Strategien dikatorischer Macht. Damit rückt dem Leser etwas ins Visier, was normalerweise nicht im Fokus der Aufmerksamkeit steht. So wird zum Beispiel der Siegesplatz durch das Aufzeigen seiner unterschiedlichen Funktionen (z.B. Aufmarschplatz, Zentrum der "Città Nuova") sowie der Gebäudekomplex in der Italienallee mit dem Gerichtsgebäude, Parteigebäude, Christkönigkirche in einem vielmaschigen Bestimmungsnetz präsentiert. Den letzteren interpretiert Verdorfer als Dreigestirn der Herrschaft, weil in dieser spezifischen Gebäudekonstellation die Machtsäulen des Faschismus, Partei, Justiz und Kirche sichtbar werden. Das Buch hat ein handliches Format, ist in der graphischen Aufmachung transparent und enthält viel historisches Fotomaterial. LehrerInnen, die im Rahmen des Geschichteunterrichts Lehrausgänge nach Bozen oder Innsbruck planen, finden im vorliegenden Band eine wertvolle Orientierungshilfe. Gabriele Rath, Andrea Sommerauer, Martha Verdorfer (Hg.): BOZEN INNSBRUCK/Zeitgeschichtliche Stadtrundgänge, Folio Verlag Bozen-Wien 2000. Urban Stillebacher
"Kulturen, Sprachen, Welten" geht der Frage nach, wie es Kindern aus anderen Kulturen bei uns und in unserem Unterricht ergeht. Und wie ein Unterricht beschaffen sein muss/müsste, der sich der Förderung dieser Kinder verschrieben hat. 29 Autoren reflektieren über verschiedene (Unterrichts-)Erfahrungen mit Flüchtlings-, Gastarbeiter-, Zigeuner- und generell Minderheitenkindern. Dabei werden verschiedene pädagogische - und Unterrichtskonzepte diskutiert, wie zum Beispiel jenes der interkulturellen Pädagogik, und es wird danach gefragt, was aus der Friedenspädagogik geworden ist. Interessant ist das Buch vor allem dort, wo es auf konkrete Studien
aufbaut: etwa über bilinguale Kinder in monolingualen Schulen bzw.
über bilinguale Schullaufbahnen, wie jene der deutsch-italienischen
Grundschule in Wolfsburg (seit 1993/94), an der - ein Detail am Rande
- u.a. italienische Lehrkräfte unterrichten, die vom italienischen
Staat bezahlt werden. Harald Eichelberger und Elisabeth Furch (Hg.): Kulturen, Sprachen, Welten. Die Herausforderung (Inter-)Kulturalität. Studienverlag Innsbruck-Wien 1999 Walter Pichler |