Null Bock auf Mitbestimmung
- von Walter Pichler
Die Südtiroler Lehrerschaft hat ein Modell der Fortbildung, wo die Basis über Inhalte und Referenten mitbestimmen kann bzw. könnte. Tatsächlich wird von dieser Möglichkeit in den einzelnen Schulstufen recht unterschiedlich Gebrauch gemacht.
So gibt es Kerngruppen des Pädagogischen Instituts, die als Ein- oder Zwei-Mann-Fraktionen arbeiten, da sich in einigen Fächern praktisch kaum Lehrer für die Planung und Organisation der Fortbildung melden. Und auch auf den Rückmeldungsbögen der verschiedenen Fortbildungsträger bleiben die Lehrerwünsche oft recht vage. Woran liegt das? Haben wir bereits die beste aller Fortbildungen, sodass nichts mehr zum Wünschen übrig bleibt? Oder ist die Lust auf Mitgestaltung so gering (geworden)?
Das System der Planung der Fortbildung durch die Kerngruppe hat als Voraussetzung den idealistischen Lehrer, der mitbestimmen möchte und genügend freie Zeit zur Verfügung hat, um sich an Planungssitzungen zu beteiligen und Fortbildungen zu organisieren und zu leiten. Diesen Lehrertypus gibt es durchaus, aber wie verbreitet ist er (noch)? Und kann man auf ihn auch dann bauen, wenn die Fortbildung neue, nachhaltigere Wege gehen muss, die einen hohen Zeitaufwand in der Planung und Organisation erfordern, wie zum Beispiel Lehrgänge und Projektmessen organisieren bzw. die besten verfügbaren Referenten ausfindig machen? Außerdem: wie viele Stunden Organisationstätigkeit zum Bruttostundensatz von rund 15.000 Lire soll man Mitarbeitern zumuten? 10, 20 oder vielleicht 30 Stunden - letztere die Stundenanzahl für die Organisation der eintägigen Projektmesse in diesem Jahr. Eine Lösung müsste wohl darauf achten, die Kompetenzen der Kerngruppen nicht zu beschneiden, sie aber besonders in organisatorischer Hinsicht da zu entlasten, wo es möglich ist.
Noch ein Wort ...
... zur nicht mehr vorgesehenen Quantifizierung der Fortbildung: Die Pflicht zur Fortbildung besteht weiterhin. Angesichts der letzthin angewachsenen Pflichten der Lehrerschaft wird sich wohl der Großteil der Betroffenen darüber gefreut haben (zumindest klammheimlich), dass eine Pflicht weniger streng gehandhabt wird. Und die Kursleiter werden sich freuen, endlich wieder jene (Mehrheit) unter den Kolleginnen begrüßen zu dürfen, die aus Interesse an einer Fortbildung teilnehmen, ohne zwischendurch - da sie sowieso nur aus Gründen der Pflicht da sind und sich am falschen Platz wähnen - drei unaufschiebbare Termine wahrnehmen zu müssen.
Ob sich die gefallene Fortbildungspflicht auf die Qualität der Schule negativ auswirken wird, lässt sich noch nicht beurteilen. Dass ein paar Kurse weniger stattfinden werden, ist nicht das Entscheidende. Nachhaltigere Auswirkung auf die Qualität der Schule dürfte die Möglichkeit der Spezialisierung durch die verschiedenen Lehrgänge haben, und zwar im positiven Sinn.
Walter Pichler ist Chefredakteur des forum schule heute
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